Am 22. Jänner 2023 war es schließlich so weit: Der Eisberg "A81" verabschiedete sich vom antarktischen Brunt-Schelfeis, nachdem bereits seit Längerem in dieser Region Risse und Spalten festgestellt worden waren. Vor allem die British Antarctic Survey (BAS) beobachtete die Entwicklung.

"Wussten, dass das Kalben kommen wird"

"Es war ein Kalben, von dem wir wussten, dass es kommen würde. BAS überwacht das Brunt-Schelfeis und die Risse, die sich gebildet haben, seit über einem Jahrzehnt. Seit Glaziologen 2012 zum ersten Mal die Erweiterung von Chasm-1 beobachteten, haben die Wissenschafts- und Betriebsteams von BAS das Kalbungsereignis erwartet. Hochpräzise GPS-Instrumente sowie Satellitendaten wurden verwendet, um die Erweiterung der Schlucht zu überwachen", hielt der Glaziologe Oliver Marsh fest.

Das Entstehen von Eisbergen ist ein natürlicher Prozess, der allerdings durch die Erderwärmung erheblich beschleunigt werden kann. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die Oberflächentemperatur der Erde im Schnitt um ein Grad erwärmt – genug, um Dürren, Hitzewellen und Tropenstürme zu verursachen. Auf dem Schelfeis befindet sich die britische Forschungsstation Halley VI, von der aus Glaziologen seit Jahren die Ausdehnung riesiger Risse im Eis beobachten. 2016 traf BAS daher die Vorsichtsmaßnahme, die Halley-Forschungsstation landeinwärts zu verlegen, um sie zu schützen.

Der neue Eisberg mit einer Fläche von 1550 Quadratkilometern ist bereits der zweite Eisriese in nur zwei Jahren, der sich von diesem Gebiet der Antarktis gelöst hat. "A74" brach 2021 ebenfalls vom Brunt-Schelf ab und trieb schließlich ins Weddellmeer davon. In der Antarktis ist die Klimaerwärmung stark zu spüren. Wie an vielen Orten des Planeten wurden in der Region im vergangenen Jahr Rekordtemperaturen gemessen. Im Februar 2022 wurde die geringste Eis-Ausdehnung in der Antarktis seit Beginn der Satellitenbeobachtung vor 44 Jahren registriert.

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"A76a" ist noch viel größer

Weitere Eisberge sind unterwegs: "A76a" etwa ist mit 3200 Quadratkilometern doppelt so groß. Der lange, schmale Eisberg wurde auf seiner Reise aus dem Weddellmeer in den Südatlantik von einem Team an Bord des Forschungsschiffs Discovery aus der Nähe begutachtet. Eisberge, die sich unter Umständen in flacheren Gewässern in Küstennähe festsetzen oder verkeilen, sind eine Gefahr für Schifffahrt und Ökosysteme, warnen Wissenschaftler.

Die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis enthalten genug gefrorenes Wasser, um die Pegel der Ozeane um ein Dutzend Meter anzuheben. Viele Küstenstädte und ganze Inseln würden dadurch unbewohnbar.