Sie waren vor Kurzem mit einem UN-Konvoi in Syrien. Wie ist die Lage?

GERALD ROCKENSCHAUB: Die Zerstörungen sind auf syrischer Seite in manchen Bereichen wirklich enorm. Aber noch viel schockierender ist, dass der jahrelange Krieg das Gesundheitswesen dort wirklich an die Kippe gebracht hat. Es herrschen teilweise ziemlich verheerende Zustände. Wirklich bewundernswert, wie die Ärzte, Schwestern und das Gesundheitspersonal trotz dieser Bedingungen Hervorragendes leisten – und das mit den geringsten Mitteln.

Was muss man sich unter verheerenden Zuständen vorstellen?

Erstens sind die Spitäler völlig überfüllt. Zudem beklagen die Kollegen vor Ort, dass sie kein adäquates Equipment zur Verfügung haben, weder für Traumaversorgung noch für eine angemessene Diagnostik. Wir hoffen nun, dass es vielleicht unter diesen tragischen Umständen möglich ist, das Equipment auf den neuesten Stand zu bringen.

Für die Menschen unter den Trümmern gibt es keine Hoffnung mehr. Wie muss man nun helfen?

Eine der größten Herausforderungen ist es derzeit, Unterkünfte für die Überlebenden zu finden. Viele leben immer noch in Zelten. Auf türkischer Seite wird versucht, Container zu organisieren. Es gibt immer noch massive Nachbeben und die Bevölkerung ist traumatisiert. Erst vor wenigen Tagen gab es wieder eines. Die Angst der Bevölkerung war deutlich zu spüren. Vielleicht haben deswegen gerade in der Türkei viele das Bebengebiet verlassen und sind zu Verwandten in anderen Regionen gezogen. Ganze Stadtviertel sind unbevölkert.

In Syrien können die Menschen die Region nicht so einfach verlassen. Befürchten Sie eine humanitäre Katastrophe?

Ja, zusätzlich zu den schon vorher im Zuge des Kriegs geflüchteten Menschen muss man nun noch weitere unterbringen. Die hygienischen Zustände sind nicht adäquat, auch die Wasserversorgung ist ein Problem. Die UNO ist gefordert, hier rasch zu reagieren.

Befürchten Sie sonst den Ausbruch von Seuchen?

Die Cholera ist ohnehin präsent. Wir haben alles getan, um gut aufgestellt zu sein, mit Behandlungszentren und Impfstoffen. Leider gibt es nicht genug Impfstoff, da dieser in mehreren Gebieten der Welt benötigt wird. Unser Schwerpunkt liegt daher auf der Wasserversorgung, wir wollen die Trinkwasserversorgung dauerhaft sicherstellen.