In Myanmar haben Demonstranten aus Protest gegen den Militärputsch die Bahnverbindung zwischen der Metropole Yangon und der im Süden gelegenen Stadt Mawlamyine blockiert. Obwohl das Militär immer stärkere Präsenz zeigt, protestierten am Dienstag erneut Tausende gegen die Absetzung der zivilen Regierung und forderten die Freilassung der De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Das Militär rechtfertigte indes sein Vorgehen vom 1. Februar und stellte eine Wahl in Aussicht.

"Das war kein Putsch", sagte der Sprecher der Militärregierung, Brigadegeneral Zaw Min Tun, auf der ersten Pressekonferenz seit der Machtübernahme. Das Militär habe keine andere Option gehabt, da es Wahlbetrug gegeben habe und dem nicht nachgegangen worden sei. Man werde die Macht nicht lange behalten. "Wir garantieren, dass eine Wahl abgehalten wird." Ein Datum nannte er jedoch nicht.

Proteste gehen weiter

Indes fanden sich im ganzen Land und über die Ethnien hinweg erneut Tausende Menschen zum Protest zusammen. Die Bewegung des zivilen Ungehorsams führt zu Streiks, die bereits die staatliche Verwaltung stört. Demonstranten setzten sich auf die Bahngleise zwischen Yangon und Mawlamyine und unterbrachen so die Zugverkehr. "Gebt die Macht dem Volk zurück", skandierten sie. "Lasst sofort unsere Führung frei."

Auch in Yangon versammelten sich an zwei zentralen Orten viele Menschen, so erneut vor der Notenbank und vor der US-Botschaft. Etwa 30 buddhistische Mönche unterstützen sie mit Gebeten. Die Teilnehmer riefen die UNO sowie die USA zur Hilfe auf. "Wir, die Menschen in Myanmar, unterstützen voll und ganz jede Aktion, die die UN und die USA unternehmen", war auf vielen Schildern zu lesen. US-Präsident Joe Biden hatte in der vergangenen Woche Sanktionen gegen die führenden Generäle und mit ihnen verbundene Unternehmen angekündigt. Die Demonstranten hoffen, dass auch andere Länder Schritte gegen die Junta einleiten.

Durch die Proteste werde zur Gewalt aufgehetzt, kritisierte Militärsprecher Min Tun. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes würden unter Druck gesetzt. Polizisten würden von Demonstranten angegriffen, einer sei seinen Verletzungen erlegen. Zum Verbleib Suu Kyis sagte Min Tun, sie sei bei guter Gesundheit und stehe "zu ihrer eigenen Sicherheit" unter Hausarrest.

Gegen Suu Kyi wurde am Dienstag eine zweite Klage eingereicht. Dabei gehe es um mögliche Verstöße gegen das Katastrophenschutzgesetz des südostasiatischen Landes in Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen, zitierte die Nachrichtenorganisation "Mizzima News" ihren Anwalt Khin Maung Zaw. Nach dem Militärputsch wurden der 75-Jährigen bereits Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze des Landes vorgeworfen. Speziell geht es um den Import von Funkgeräten, die bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden waren. Berichten zufolge drohen ihr allein deswegen drei Jahre Haft. Suu Kyi habe am Dienstag ein Videotelefonat mit dem zuständigen Richter geführt, so ihr Verteidiger, der nach eigenen Angaben bei dem Gespräch nicht anwesend sein durfte. Eine nächste Anhörung sei für den 1. März angesetzt worden.

Die Militärführung wünsche Frieden im Land, versicherte Min Tun. "Unser Ziel ist es, eine Wahl abzuhalten und die Macht an die siegreiche Partei zu übergeben." Allerdings hat das Militär einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt. Das Militär werde an der Verfassung von 2008 festhalten. Diese garantiert ihm ein Viertel der Parlamentsmandate und drei Schlüsselministerien. Bei der Wahl im November aber hatte Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) 83 Prozent der Parlamentssitze errungen. Das Militär sprach darauf von Wahlbetrug und setzte die Regierung ab - just an dem Tag, an dem das Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung hätte zusammentreten sollen.

Der Putsch stoppt den erst vor wenigen Jahren eingeleiteten Demokratisierungsprozess und weckt Erinnerungen an fast ein halbes Jahrhundert der Militärherrschaft. Nach dem Putsch 1962 hatte das Militär 49 Jahre lang geherrscht. 2011 hatte es begonnen, sich aus der Politik zurückzuziehen, allerdings gab es nie die Kontrolle über die zivile Regierung auf. Die Parlamentswahl im November war erst die zweite freie Abstimmung seit Ende der direkten Militärherrschaft im Jahr 2011.

UNO droht mit "ernsten Konsequenzen"

Unterdessen drohten die Vereinten Nationen der Militärjunta mit "ernsten Konsequenzen", sollten die Streitkräfte härter gegen die Demonstrationen vorgehen. Die Welt schaue genau hin und "jede Form von grober Reaktion wird wahrscheinlich schwerwiegende Folgen haben", teilte ein UNO-Sprecher zu einem der seltenen Gespräche zwischen der UNO-Sonderbeauftragten Christine Schraner Burgener mit dem stellvertretenden Chef der Junta am Montag mit. Die UNO bestehe darauf, dass das Recht, sich friedlich zu versammeln in Myanmar in vollem Umfang respektiert werde und dass Demonstranten nicht mit Strafmaßnahmen rechnen müssten, hieß es weiter.

Die Armee erklärte zu dem Gespräch, dass die Nummer Zwei der Junta, Soe Win, die UNO über die Pläne der Regierung und über die "wirkliche Situation, was in Myanmar vor sich geht" unterrichtet habe. Die Proteste schadeten der Stabilität und hätten die Menschen in Angst versetzt.

Seit dem Wochenende geht das Militär härter und brutaler gegen Demonstranten vor. In der nördlichen Stadt Mandalay fielen am Montag Berichten zufolge Schüsse. Bereits am Sonntag hatten Sicherheitskräfte in Myitkyina im Norden des Landes auf Teilnehmer einer Kundgebung geschossen. In Yangon waren am Wochenende Panzer aufgefahren, auch in anderen Landesteilen waren Militärfahrzeuge auf den Straßen - offensichtlich, um die Bevölkerung einzuschüchtern.