Wissenschafter haben 13 Tier- und Pflanzenarten identifiziert, die im nächsten Jahrzehnt am wahrscheinlichsten in die Antarktis eingeschleppt werden und das fragile Ökosystem des Kontinents bedrohen könnten. Im Fachjournal "Global Change Biology" liefern sie damit die Grundlage für Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen der Bioinvasoren.

Die Wissenschafter um Kevin Hughes vom British Antarctic Survey (BAS) haben Hunderte wissenschaftliche Arbeiten, Berichte und Datenbanken untersucht, um jene Arten zu finden, die am wahrscheinlichsten zur Antarktischen Halbinsel vordringen werden. "Diese Region ist aufgrund des wachsenden Tourismus und der wissenschaftlichen Forschungsaktivitäten der bei weitem meistbesuchte Teil der Antarktis", erklärte Hughes in einer Aussendung.

Zahlreiche Bedrohungen

Die Besucher könnten etwa an ihrer Kleidung und ihren Schuhen Samen fremder Arten mit sich führen. Auch in Frachtkisten, Fahrzeugen und frischen Lebensmittelvorräte können sich Pflanzen oder Tiere wie Insekten, Ratten oder Mäuse verstecken. Wirbellose Tiere wie Muscheln oder Krebse können mit den Schiffen in die Antarktis gelangen. Sie stehen ganz oben auf der Liste der Arten, die am wahrscheinlichsten in die Region eindringen.

"Wir wissen, dass Muscheln in polaren Gewässern überleben und sich leicht ausbreiten können. Wenn sie sich etablieren, können sie den Lebensraum dominieren und einheimische Arten verdrängen", so Koautor David Barnes. Die Wissenschafter sehen aber auch Blühpflanzen etwa aus der Gattung Leptinella, Milben und Springschwänze als Bedrohung.

Einige der subantarktischen Inseln wie die Marion-Insel und Südgeorgien sind bereits von Ratten, Mäusen oder anderen Wirbeltieren befallen worden. Die Forscher erwarten jedoch nicht, dass dies in nächster Zeit auf der Antarktischen Halbinsel geschieht. Dazu sind nach Ansicht der Forscher die Bedingungen in der Antarktis zu extrem. Die Nager könnten jedoch in den Gebäuden der Forschungsstation versteckt überleben, wo besonders auf Kot und Nagespuren geachtet werden müsse.

"Umfassende Biosicherheitskontrolle" gefordert

Die Wissenschafter fordern auch "umfassende Biosicherheitskontrollen für alle Besucher der Antarktischen Halbinsel, um zu verhindern, dass nicht einheimische Arten überhaupt in die Antarktis gelangen. Nur dann werden wir in der Lage sein, die Risiken zu verringern", betonen die Forscher. Koautor Wolfgang Rabitsch vom Umweltbundesamt in Wien verwies gegenüber der APA auf Tourismusanbieter, die bereits jetzt dem Thema Augenmerk schenken und Touristen beispielsweise Überschuhe anziehen lassen.

Andernfalls könnten sich eingeschleppte Arten aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden menschlichen Aktivitäten etablieren und weiter ausbreiten. Die Ausrottung invasiver Arten sei zwar möglich, habe sich aber als schwierig und kostspielig erwiesen.

Einige nicht einheimische Arten haben sich bereits in der Nähe von Forschungsstationen und Besucherstätten angesiedelt. Als Beispiel nennen die Forscher eine nicht einheimische flugunfähige Mücke (Eretmoptera murphyi), die sich auf der Insel Signy im Süden der Orkney-Inseln etabliert hat. Und auf der Insel King George, dem am dichtesten mit Forschungsstationen besetzten Gebiet der Antarktis, wurde ein Rispengras (Poa annua) eingeschleppt. Dieses habe das Potenzial, die zwei dort einheimischen Arten von Blütenpflanzen zu verdrängen.