Ein Vater, der mit seiner Familie isoliert auf einem niederländischen Bauernhof lebte, hat laut Anklage seine sechs Kinder über Jahre hinweg misshandelt und eine Tochter sowie einen Sohn im Alter von damals zwölf bis 15 Jahren mehrfach vergewaltigt. "Es sind Straftaten gegen Kinder in einer extrem abhängigen Situation", sagte die Staatsanwältin Diana Roggen am Dienstag in Assen vor Gericht.

Gut drei Monate nach Entdeckung der Familie auf dem Hof im ostniederländischen Dorf Ruinerwold wurde der bizarre Fall jetzt erstmals dem Gericht vorgelegt. Der Vater sowie der Österreicher Josef B. (58), der den Hof gemietet hatte, werden der Freiheitsberaubung und Geldwäsche beschuldigt. Der nach einem Schlaganfall gelähmte Gerrit Jan van D. erschien nicht vor Gericht. Josef B. bestritt alle Vorwürfe.

Das Gericht verlängerte die Untersuchungshaft für beide Männer schließlich um weitere drei Monate. Das Hauptverfahren gegen die beiden Angeklagten könnte erst nach dem Sommer eröffnet werden, da die Ermittlungen immer noch nicht abgeschlossen sind. Josef B. sagte der laut der niederländischen Zeitung "De Telegraaf" auf ihrer Internetpräsenz: "Es ist absolut nichts wahr! Es gibt keinen Keller und niemand wurde eingesperrt."

"Ich habe ein reines Gewissen", sagte er laut ORF-Korrespondentin Veronika Fillitz. Der Bauernhof sei wie ein Kloster gewesen. Wo sei das Verbrechen, fragte er. Er kritisierte die "Anmaßung", "über die Religion anderer zu urteilen", zitierte sie den Angeklagten auf ihrem Twitter-Account.

Im weiteren Verfahren könnte auch die Rolle eines zweiten Österreichers näher beleuchtet werden, der laut niederländischen Medienberichten ebenfalls auf dem Hof festgehalten und auch gequält worden sein soll. Der 69-Jährige soll ein Hilfsarbeiter von Josef B. gewesen und durch den Familienvater D. Torturen unterzogen worden sein. Der gebürtige Oberösterreicher Josef B. wiederum soll nicht dort gelebt, sondern den abgelegenen Hof in der Ortschaft Ruinerwold täglich besucht und mit Nahrungsmitteln versorgt haben.

Gerrit Jan van D. hat laut Roggen den Missbrauch der beiden Kinder damit gerechtfertigt, dass ein "weiblicher Geist" oder der Geist ihrer toten Mutter in die Kinder gefahren sei. Van D. habe die sechs Kinder neun Jahre lang "psychisch gefangen gehalten". Der Vater wollte die Kinder laut Anklage von der Welt fernhalten und drohte ihnen bei Kontakt mit der Außenwelt mit "bösen Geistern". Die Interaktion mit "Außenseitern" wurde als schlecht für die "Sauberkeit der besten Familie" angesehen, sagte Roggen.

Die Kinder sagten demnach, dass sie auch geschlagen - manchmal mit einem Stock oder anderen Gegenständen - und getreten worden seien. Weitere Strafen seien das Zudrücken der Kehle - teils bis zur Bewusstlosigkeit - und stundenlanges Sitzen in kaltem Wasser gewesen. Ältere Kinder wurden manchmal für längere Zeit von ihren jüngeren Geschwistern ferngehalten. Eine 15-jährige Tochter wurde in eine andere Stadt verlegt, während ein zwölfjähriger Sohn gezwungen war, alleine in einem Wohnwagen zu leben. Von 2007 bis zu ihrer Entdeckung im letzten Jahr hat Van D. Essen, Trinken oder medizinische Behandlung verweigert.

Die Kinder beobachteten die Verfahren aus der Ferne, sagte der Vorsitzende Richter Herman Fransen. Sie können zu einem späteren Zeitpunkt des Prozesses aussagen. Die Polizei hatte die Familie im vergangenen Oktober in einem geheimen Raum hinter einem Kasten entdeckt. Zuvor hatte der älteste Sohn im Dorfwirtshaus um Hilfe gebeten. Drei ältere Kinder waren schon früher aus der Familie geflohen. Die Mutter war 2004 gestorben.