Die seit Monaten wütenden Buschbrände lassen die Menschen in Australien auch zu Weihnachten nicht zur Ruhe kommen. Viele Familienfeiern in dem besonders stark betroffenen Bundesstaat New South Wales, in dem auch Sydney liegt, mussten abgesagt werden, berichteten örtliche Radiosender am Montag. Denn mehrere Straßen rund um die Küstenmetropole seien wegen der Feuer blockiert. Sydney wird gleich von zwei großen Flächenbränden bedroht, während landesweit noch immer etwa 200 Brände aktiv sind.

"Leider mussten wir Weihnachten dieses Jahr wegen der Feuer absagen", sagte ein 76-Jähriger aus Wentworth Falls, knapp 100 Kilometer westlich von Sydney. Sonst sei die Familienfeier, zu der viele Mitglieder die verstreut lebenden Familie zusammenkämen, ein Höhepunkt des Jahres. Die Bestellung beim Fleischhauer habe er bereits storniert. "Wir denken, dass wir hier sicher sind, aber die Brände sind nur 15 Kilometer entfernt und sie können aufflackern und sich unglaublich schnell bewegen."

Feuerwehr am absoluten Limit

"Wir haben all unsere Wertsachen, Familienfotos und wichtigen Dokumente in Koffer gepackt, die an der Tür bereit stehen", sagte er weiter. Er habe schon viele Feuer erlebt. So schlimm wie in diesem Jahr sei es aber noch nie gewesen. Die Feuerwehrleute seien körperlich und emotional erschöpft, sagte Feuerwehrchef Shane Fitzsimmons dem Sender Channel 7. "Aber sie wissen, dass ihre Gemeinden bedroht sind, und sie werden alles tun, was sie können", fügte er hinzu.

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Seit Beginn der Brände im Oktober sind bereits acht Menschen ums Leben gekommen, mehr als 1.000 Häuser wurden zerstört. Auch auf die Tierwelt haben die Feuer eine verheerende Wirkung: Etwa 2.000 Koalas sollen Expertenschätzungen zufolge verbrannt sein. Bilder von Koalas, die von Feuerwehrleuten Wasser aus Flaschen zu trinken bekommen, kursierten in den vergangenen Tagen in australischen Medien.

Allein in den Bundesstaaten South Australia und New South Wales wurden in den vergangenen Tagen 200 Häuser zerstört oder beschädigt, wie die Behörden mitteilten. Von der südwestlich von Sydney gelegene Ortschaft Balmoral ist demnach kaum noch etwas übrig. Der in Balmoral lebende 67-jährige Künstler Steve Harrison beschrieb im öffentlich-rechtlichen Sender ABC, wie er sich vor den Flammen gerade noch in seinen Brennofen retten konnte. "Ich rannte noch zu meinem Wagen und wollte flüchten, doch da brannte schon mein Garten, meine Auffahrt, die Straße", berichtete Harrison. Harrison rettete sich in seinen etwa Sarg-großen selbst gebauten Ofen und ließ dort den Feuersturm über sich ergehen. "Unheimlich. Ich hatte nur noch Angst."

Unterdessen reißt die Kritik an Australiens Premierminister Scott Morrison nicht ab, auch vonseiten der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg: "Nicht einmal Katastrophen wie diese scheinen zu politischem Handeln zu bewegen", twitterte die 16-Jährige. Sie warf der australischen Politik vor, einen Zusammenhang zwischen den Bränden und dem Klimawandel zu leugnen. Eine Kritik, die Morrison zurückwies. Er konzentriere sich auf nationale Interessen: "Wir in Australien werden das tun, was wir für Australien für richtig halten", sagte er in einem am Montag veröffentlichten Beitrag in der in Sydney erscheinenden Zeitung "Daily Telegraph". "Ich bin nicht dazu da, Menschen im Ausland zu beeindrucken."

Die Vermutung, dass eine Verschärfung der australischen Klimaziele die aktuellen Buschfeuer verhindert hätte, "ist einfach falsch", schrieb Morrison in einem anderen Beitrag im "Daily Telegraph". Er räumte jedoch ein, es gebe auf allen Ebenen einen Bedarf für "echte Maßnahmen gegen den Klimawandel".

"Morrison will einfach nicht hören"

Morrison ist ein Unterstützer der für Australien besonders wichtigen Kohleindustrie. "Wir werden uns nicht auf unbesonnene (Klima-) Ziele einlassen und traditionelle Industrien aufgeben." Dies würde nach seinen Worten australische Arbeitsplätze gefährden. Drei Viertel der australischen Kohleproduktion wird exportiert - bei einem Volumen von jährlich rund 67 Milliarden australischen Dollar (41,8 Milliarden Euro). Oppositionsführer Anthony Albanese verurteilte scharf den "Starrsinn" des Regierungschefs. "Das hier ist ganz offensichtlich nicht mehr 'alles wie gehabt'", sagte der Labor-Chef. "Aber Morrison will einfach nicht hören".

Morrison war am Wochenende auch dafür kritisiert worden, trotz der Buschfeuer einen Familienurlaub auf Hawaii gemacht zu haben. Nach seiner vorzeitigen Rückkehr am Sonntag hatte er sich entschuldigt. Australien leidet seit etwa zwei bis drei Jahren unter starker Dürre, die ausgetrocknete Vegetation entzündet sich besonders leicht. Vergangene Woche hatte Australien nach Angaben des Wetteramts mit Werten von weit über 40 Grad seine heißesten Tage seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt.