In Indien dauern die gewaltsamen landesweiten Proteste gegen das neue Staatsbürgerschaftsrecht an. Nach schweren Zusammenstößen mit der Polizei an einer Universität in der Hauptstadt Neu Delhi kam es am Montag zu Solidaritätsdemonstrationen von Studenten im ganzen Land. Nach Angaben der Universität Jamia Millia Islamia in Neu Delhi waren dort am Sonntag mindestens 200 Menschen verletzt worden.

In mehreren Städten protestierten daraufhin am Montag Hunderte Studenten gegen die Polizei, darunter in Neu Delhi, Chennai, Bangalore und Lucknow. Dort versuchten Hunderte, offenbar mehrheitlich muslimische Demonstranten, eine Polizeistation zu stürmen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Sie bewarfen Sicherheitskräfte mit Steinen, die sich hinter einer Mauer verschanzt hatten.

Auslöser der Ausschreitungen ist ein vergangene Woche vom Oberhaus verabschiedetes Staatsbürgerschaftsgesetz. Es sieht für nicht-muslimische Einwanderer aus den indischen Nachbarstaaten Bangladesch, Pakistan und Afghanistan Vereinfachungen bei der Einbürgerung vor. Kritiker halten der hinduistisch-nationalistischen Partei BJP von Premierminister Narendra Modi vor, mit der Neuregelung die 200 Millionen Muslime im Land zu diskriminieren. Bisher sind bei den Protesten sechs Menschen ums Leben gekommen.

In Kolkata im Osten des Landes nahmen am Montag Tausende Menschen an einem Protestmarsch teil, zu dem die Regionalregierung aufgerufen hatte, die Modi äußerst kritisch gegenüber steht. Demonstranten setzten Reifen auf Bahnstrecken in Brand.

Unterdessen haben mehrere indische Bundesstaaten angekündigt, das neue Gesetz nicht anzuwenden. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die laizistische Verfassung des Landes.

Modi beschuldigte die oppositionelle Kongresspartei, die Unruhen anzustacheln. Diejenigen, die die Proteste schürten, seien an ihrer Kleidung wiederzuerkennen. Damit spielte er offenbar auf Muslime an.

Die Vereinten Nationen hatten in der vergangenen Woche Bedenken zu dem neuen Gesetz geäußert. Menschenrechtsgruppen und mehrere islamische Parteien wollen die Neuregelung vor dem Obersten Gericht anfechten.

Schwere Ausschreitungen am Wochenende

Am Wochenende kam es bei Protesten gegen die indische Staatsbürgerschaftsreform in Neu-Delhi zu schweren Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Mehr als 100 Menschen wurden am Sonntag nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern verletzt. Insgesamt beteiligten sich laut Behörden etwa 4000 Demonstranten an dem Protest nahe der Nationalen Islamischen Universität im Südosten der Hauptstadt.

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Tränengas eingesetzt

Die Polizei habe zunächst versucht, die Menge im Zaum zu halten, doch dann seien Kämpfe ausgebrochen und Demonstranten hätte Busse, Autos und Motorräder angezündet. Ein Reuters-Mitarbeiter beobachtete, wie die Polizei daraufhin Tränengas einsetzte und mit Gummiknüppeln auf Demonstranten losging. Die Polizei drang nach eigenen Angaben auch auf den Campus vor, um die Ordnung wiederherzustellen. Studenten hätten Steine geworfen. Sechs Beamte seien verletzt worden. Nach Darstellung von Studenten und Mitarbeitern der Universität verschafften sich die Polizisten allerdings mit Gewalt Zugang zu der Hochschule. "Es wurde keine Erlaubnis erteilt. Unsere Mitarbeiter und Studenten werden zusammengeschlagen und gezwungen, den Campus zu verlassen", sagte ein ranghoher Fakultätsangehöriger.