Der Nobelpreis in Physik geht heuer zur Hälfte an den Kanadier James Peebles für Entdeckungen in der "physikalischen Kosmologie" und zur anderen Hälfte an die zwei Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz für die Entdeckung eines "Exoplaneten im Umlauf um einen sonnenähnlichen Stern". Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt.

Der Physik-Nobelpreis wird für "Beiträge zu unserem Verständnis der Evolution des Universums und des Platzes der Erde im Kosmos" verliehen, wie es seitens des Nobelpreis-Komitees heißt. Die Auszeichnung belohne einerseits Erkenntnisse über die Struktur und Geschichte des Universums, andererseits die erstmalige Entdeckung eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.

Einblicke in die physikalische Kosmologie

Der 84-jährige James Peebles von der Princeton University habe Einblicke in die physikalische Kosmologie geliefert, die das gesamte Forschungsfeld der Kosmologie bereichert hätten. Sein theoretischer Rahmen, den er seit Mitte der 1960er Jahre entwickelt hat, habe zu unserem Verständnis beigetragen, wie sich das Universum nach dem Urknall entwickelt hat.

"Ich habe das nicht alleine geschafft", sagte Peebles nach der Bekanntgabe am Telefon. "Bis in die 1980er Jahre war die Kosmologie ein relativ kleines Feld. Es ist gewachsen - und ich bin mitgewachsen." Neben den Erkenntnissen, für die er nun geehrte werde, dürfe man nicht vergessen, dass er auch "viele falsche Ideen publiziert" habe, sagte Peebles.

Nach dem Urknall-Modell entstand das Universum vor 13,8 Mrd. Jahren und war in dieser ersten Phase extrem heiß und dicht. Seither expandiert das Universum, wird größer und kälter. Rund 400.000 Jahre nach dem Urknall wurde es transparent und Licht konnte durch den Raum reisen. Noch heute ist diese alte Strahlung als sogenannte "Kosmische Hintergrundstrahlung" überall zu finden und birgt viele Informationen über die Geburt des Universums.

Peebles war mit seinen theoretischen Werkzeugen und Berechnungen in der Lage, diese Spuren über den Anfang des Universums zu interpretieren und neue physikalische Prozesse zu entdecken. Die Ergebnisse zeigten, dass die Materie, aus der Galaxien und Sterne bestehen, nur etwa fünf Prozent der gesamten Masse und Energie des Universums ausmachen, der Rest ist weitgehend rätselhaft - Dunkle Materie und Dunkle Energie.

Exoplanet entdeckt

Die zweite Hälfte des Nobelpreises geht an Michel Mayor (77) von der Universität Genf und Didier Queloz (53), der ebenfalls an der Uni Genf und an der Universität Cambridge arbeitet. Sie gaben im Oktober 1995 die erste Entdeckung eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems (Exoplanet) bekannt, der den Namen "51 Pegasi b" erhielt. Es handelt sich um einen Gasplaneten, vergleichbar mit dem Jupiter.

Diese Entdeckung habe "eine Revolution in der Astronomie ausgelöst und über 4.000 Exoplaneten wurden seither in der Milchstraße gefunden", heißt es seitens des Nobelpreiskomitees. Unter den neu entdeckten Planeten würden sich "seltsame neue Welten" befinden, in einer unglaublichen Fülle an verschiedenen Größen, Formen und Bahnen. Sie würden die Vorstellungen der Wissenschafter über Planetensysteme herausfordern und sie dazu zwingen, ihre Theorien über die physikalischen Prozesse hinter den Ursprüngen der Planeten zu überdenken.

Preis an Peebles "angenehme Überraschung"

Als "einen der wichtigsten lebenden theoretischen Kosmologen" bezeichnete Daniel Grumiller vom Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität (TU) Wien den Physik-Nobelpreisträger James Peebles, der sich den Preis mit Michel Mayor und Didier Queloz teilt. Die Zuerkennung sei aber "ein wenig überraschend", weil er viele seiner einflussreichen Arbeiten mit Kollegen verfasst habe.

Es sei eine "angenehme Überraschung", dass der Preis im Feld der Kosmologie vergeben wird. Der 1935 in Winnipeg (Kanada) geborene Wissenschafter habe etwa wichtige Vorarbeiten zu den heutigen Erkenntnissen über die rätselhafte Dunkle Energie und Dunkle Materie sowie zur kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung geleistet.

Besseres Verständnis

Seine weiteren Arbeiten hätten ebenso dazu beigetragen, "das frühe Universum besser zu verstehen". Wichtig waren etwa seine Überlegungen zur Bildung der ersten Atomkerne nach dem Urknall. Daraus konnte die Verteilung der ersten Elemente abgeleitet werden, die wiederum experimentell überprüfbar war und auch in dieser Form nachgewiesen wurde.

Außerdem habe er auch dabei mitgeholfen, die Bildung von Sternen im frühen Universum besser zu verstehen. Das bilde gewissermaßen die Brücke in Richtung des Bereichs, in dem die beiden Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz mit der anderen Hälfte des Preises bedacht wurden. Sie ließen 1995 mit der ersten Entdeckung eines Exoplaneten aufhorchen.

"Schlüsselfigur"

Für das Nobelpreiskomitte war Peebles eine "Schlüsselfigur" beim Übergang der Kosmologie von der Spekulation zur Wissenschaft in den 1960er Jahren. Seine entscheidenden Entdeckungen hätten die Kosmologie auf die wissenschaftliche Landkarte gebracht und das gesamte Forschungsfeld bereichert. Sein erstes Buch "Physical Cosmology" (1971) habe eine ganz neue Generation von Physikern inspiriert, zur Entwicklung des Themas beizutragen.

Als Beispiel für Peebles Leistungen nennt das Nobelpreiskomitee die Kosmische Hintergrundstrahlung. Diese 1964 von den beiden US-Forschern Arno Penzias und Robert Wilson entdeckte Strahlung, für die die beiden 1978 den Nobelpreis erhielten, entstand rund 400.000 Jahre nach dem Urknall und gilt als Beleg für die Urknall-Theorie. Peebles erkannte, dass die Temperatur der Hintergrundstrahlung (nahe dem absoluten Nullpunkt von minus 273 Grad Celsius) Auskunft darüber geben kann, wie viel Materie beim Urknall gebildet wurde. Er verstand, dass die Freisetzung dieser Strahlung eine entscheidende Rolle spielte, wie sich die Materie später zu Galaxien und Galaxienhaufen formte.

Seit den 1930er Jahren weiß man, dass diese Galaxien, Galaxienhaufen und Sterne - also die sichtbare Materie - nicht die gesamte Masse und Energie des Universums ausmachen, sondern nur fünf Prozent davon. Woraus der große Rest - die Dunkle Materie und die Dunkle Energie - besteht, ist nach wie vor ungeklärt. 1982 schlug Peebles schwere, langsame Teilchen als Kandidaten für die Dunkle Materie vor, die nicht mit der bekannten Materie interagieren und rund 26 Prozent des Universums ausmachen. Entdeckt wurden diese Teilchen bisher noch nicht.

Die Auszeichnung ist heuer mit neun Millionen Schwedischen Kronen (rund 830.000 Euro) dotiert. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung zur einen Hälfte an den US-Forscher Arthur Ashkin und zur anderen Hälfte an den französischen Wissenschafter Gerard Mourou und die kanadische Forscherin Donna Strickland. Ashkin erhielt den Preis für die Entwicklung einer optischen Pinzette und ihre Anwendung in biologischen Systemen. Mourou und Strickland wurden für die Entwicklung einer Methode zur Erzeugung hochintensiver, ultrakurzer optischer Pulse ausgezeichnet.

Die Physik-Nobelpreisträger seit 2009

Der Physik-Nobelpreis wird seit 1901 vergeben. Die erste Auszeichnung erhielt der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der "X-Strahlen", der später nach ihm benannten Röntgenstrahlen. Die Preisträger der vergangenen zehn Jahre waren:

2018: Die Laserphysiker Arthur Ashkin (USA), Gérard Mourou (Frankreich) und Donna Strickland (Kanada) für die Entwicklung präziser Werkzeuge aus Licht.

2017: Die drei US-Forscher Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne für den direkten Nachweis von Gravitationswellen. Albert Einstein hatte das Phänomen bereits vorhergesagt.

2016: Die gebürtigen Briten David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz. Sie haben exotische Zustände beschrieben, die eine Relevanz für Quantencomputer und neue Materialien haben könnten.

2015: Der Japaner Takaaki Kajita und der Kanadier Arthur McDonald. Sie hatten nachgewiesen, dass Neutrinos eine Masse besitzen. Die winzigen neutralen Elementarteilchen durchströmen das All und selbst Mauern.

2014: Die gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Erfindung hocheffizienter Lichtquellen. Die blau leuchtenden Dioden ermöglichen helle und energiesparende LEDs.

2013: Der Belgier Francois Englert und der Brite Peter Higgs für die Vorhersage des Higgs-Teilchens.

2012: Serge Haroche aus Frankreich und David Wineland aus den USA für Fallen, mit denen sich geladene Teilchen (Ionen) und Licht (Photonen) einfangen lassen. Sie schufen damit Grundlagen für genauere Uhren und grundsätzlich neue Computer.

2011: Saul Perlmutter, Adam G. Riess (beide USA) und Brian P. Schmidt (USA und Australien) für die Beobachtung, dass sich das All derzeit immer schneller ausdehnt.

2010: Der Niederländer Andre Geim und der britisch-russische Physiker Konstantin Novoselov für ihre Arbeiten zu Graphen. Das einlagige Gitter aus Kohlenstoffatomen leitet hervorragend Hitze und Strom.

2009: Charles Kao (China), Willard Boyle und George Smith (beide USA) für die schnelle Datenübertragung durch Glasfasern sowie für den lichtempfindlichen CCD-Chip.