In Kanada ist ein ranghoher Beamter der Polizei unter dem Verdacht verhaftet worden, hochgeheime Dokumente gestohlen zu haben, deren Weitergabe für die Sicherheit des Landes und seine Verbündeten "verheerende" Folgen haben könnte.

Wie die Zeitung "Globe and Mail" am Dienstag berichtete, wurde der Generaldirektor der Geheimdienst-Koordinierungsstelle der kanadischen Bundespolizei, Cameron Ortis, als mutmaßlicher Spion entlarvt, als er sensible Informationen an das organisierte Verbrechen verkaufen wollte.

Der 47-Jährige arbeitet seit 2007 für die kanadische Regierung, unter anderem beriet er Ex-Polizeichef Bob Paulson in Fragen der nationalen Sicherheit. Nach Angaben von Paulsons Nachfolgerin Brenda Lucki hatte Ortis seit Jahren Zugang zu Geheimdienstinformationen aus dem In- und Ausland.

Ihre Weitergabe könnte Kanada und seinen Verbündeten schweren Schaden zufügen, wie der Sender CBC unter Verweis auf einen Bericht des kanadischen Geheimdienstes berichtete. "Diese Art von Information trifft das Herz von Kanadas Souveränität und Sicherheit", zitierte der Sender aus dem Bericht. Sie könnte demnach fremden Diensten Aufschluss über Ziele, Techniken, Methoden und Fähigkeiten der kanadischen Geheimdienste und ihrer Verbündeten geben.

Hochverschuldet

Nach Informationen von CBC war Ortis hoch verschuldet. Er steht demnach im Verdacht, den Verkauf sensibler Informationen an andere Staaten, kriminelle Banden oder Terrororganisationen geplant - oder bereits getätigt - zu haben. Auf die Spur kam ihm die US-Bundespolizei FBI, nachdem sie auf dem Laptop eines inhaftierten kanadischen Geschäftsmannes mit Verbindungen zum organisierten Verbrechen eines der internen Polizeidokumente entdeckt hatte.

Laut Polizeichefin Lucki soll Ortis die Dokumente zwischen 2016 und 2019 gestohlen haben. Welche ausländischen Organisationen betroffen sind, ließ sie offen. Sie sagte nur, die Ermittlungen dauerten an. Kanada ist Mitglied der sogenannten Five Eyes, einer Allianz von Geheimdiensten, der auch Australien, Neuseeland, Großbritannien und die USA angehören.

Laut "Globe and Mail" leitete Ortis unter anderem Ermittlungen über die mutmaßliche Geldwäsche russischer Gelder in Kanada. Hintergrund ist ein 230 Millionen Dollar (208,50 Mio. Euro) schwerer Betrug durch ranghohe Vertreter des russischen Innenministeriums und russische Steuerbeamte, die der russische Anwalt Sergej Magnizki aufgedeckt hatte. Magnizki war 2009 in russischer Haft gestorben - nach offiziellen Angaben an Herzversagen.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau sagte am Dienstag, sein Land nehme die Informationen sehr ernst. Kanada stehe im Kontakt mit allen seinen Verbündeten über die möglichen Sicherheitsrisiken. Sollte Ortis wegen Verstoßes des Gesetzes zum Schutz vor ausländischer Spionage und der nationalen Sicherheit verurteilt werden, drohen ihm bis zu 30 Jahre Haft.