Das eine werden Sie heute mit – relativer – Sicherheit noch einige dutzend Mal tun (hört da gar jemand den pawlowschen Hund bellen?) Das andere womöglich nie: Die Rede ist davon, den Bildschirm Ihres Smartphones immer und immer zu entsperren und auf das Display zu starren – beziehungsweise einem Freund/einer Freundin in die Augen zu blicken und zu sagen, wie viel er/sie und die Freundschaft mit ihm/ihr Ihnen bedeuten.

Internationaler Tag der Freundschaft

Dabei gäbe es für Letzteres 1001 Gründe. Und das nicht nur heute am, heutigen, 2011 durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen ausgerufeneninternationalen Tag der Freundschaft. Ein Tag, der in unserer Ära vor allem Motivation sein darf, sich einer bereits fern wirkenden Zeit zu erinnern. Einer Zeit, in der man Freundschaften ausschließlich und durchaus erfolgreich analog pflegte und hegte. GIFs oder Emojis weiterzuschicken oder in sozialen Netzwerken Beiträge zu "liken", fallen wohl nicht darunter. Teile des großen digitalen Störfeuers.

Vermutlich sind die Motivationsfaktoren, anderen Menschen Zuneigung, Empathie und Zeit zu schenken, sie umgekehrt aber auch in sein eigenes Leben zu lassen, damals wie heute ähnlich: der Wunsch nach Vertrautheit und Zuwendung. Das Annehmen des Anderen mit all seinen Webfehlern und Eigentümlichkeiten. Das unerschütterliche Wissen, Heimat im Herzen des anderen gefunden zu haben – auch und gerade bei Erreichen von Talsohle im Leben. Grundvertrauen, in das aber auch beständig investiert werden muss.

"Menschen sind doch das Wertvollste, das man gewinnen kann", sagte einst ein gewisser Seelenforscher namens Sigmund Freud, der Verschüttungen in der Psyche des Wiener Bürgertums ohne Tabus auf den Grund gehen wollte. Erwiesen ist jedenfalls längst, dass gute soziale Kontakte dabei helfen, Seele und Körper gesund zu halten – und in späteren Lebensjahren einer Demenzerkrankung vorzubeugen.

Eine Marketagent-Umfrage aus dem Jahr 2017 ergab, dass Freundschaften für sechs von zehn Österreichern in ihrem Leben eine sehr große Rolle spielen. Zwei Drittel der Befragten zwischen 14 und 69 Jahren haben einen besten Freund oder eine beste Freundin. Bemerkenswert: Jeder Dritte würde sich in einer ernsten Problemsituation eher an einen Freund wenden als an seine eigene Familie. 84 Prozent der Österreicher glauben an die Freundschaft fürs Leben – also jene ganz besonderen Bänder, die auch verschiedene Entwicklungsphasen und private Veränderungen unerschütterlich überdauern und nicht ein- oder beidseitig scheitern/entsorgt werden.

Social-Media-"Freunde" nicht das Gleiche

Einigermaßen paradox, was die Umfrage zu Social-Media-"Freunden" ergab: Diese haben für die meisten Befragten nicht den gleichen Wert wie jene im echten Leben. Nur knapp drei von zehn Befragten sind der Ansicht, dass Online-Freundschaften mit Personen, die man gar nicht persönlich kennt, so tief gehen können wie Freunde, die man tatsächlich trifft. Und doch: Obwohl Facebook und Co. noch keinen Menschen in den Arm nahmen, war der Drang nach Anerkennung in diesen seltsam ausgeleuchteten Kanälen wohl niemals größer.

Der UN-Resolutionstext zum internationalen Tag der Freundschaft bezieht sich explizit auch auf die Verbindung von Ländern und Kulturen. Auf einem zerkrachten Planeten eine große Botschaft. "Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde", hielt einst der große Martin Luther King fest.