Die Europäische Union könnte beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag erstmals das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 festschreiben. Das Zieldatum wurde in einen neuen Entwurf der Gipfelerklärung aufgenommen, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Ob er angenommen wird, entscheiden die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstagnachmittag.

Grundlegender Umbau der Wirtschaft nötig

Klimaneutralität bedeutet, dass die allermeisten Treibhausgase eingespart werden und der Rest ausgeglichen werden muss, etwa durch Aufforstung oder Speicherung. Das soll helfen, die globale Erwärmung zu stoppen und katastrophale Folgen abzumildern. Nötig ist dafür ein grundlegender Umbau der Wirtschaft mit einer Abkehr von Öl, Kohle und Gas. Die Festlegung auf eine Frist von 30 Jahren wäre ein gewaltiger Schritt. Frankreich hatte dafür die Initiative ergriffen, der sich Deutschland und die meisten anderen EU-Staaten anschlossen. Doch gab es bis zuletzt bei einigen Staaten Widerstand. Im Entwurf der Gipfelerklärung wurde als Kompromiss nun eine sehr weiche und umständliche Formulierung gewählt. Ob alle Staaten sie mittragen, war zunächst offen.

Darin heißt es, der Rat der Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission würden eingeladen, weiter an den Bedingungen, Anreizen und einem Rahmen zu arbeiten, um zu entscheiden, wie man den Übergang zu einer klimaneutralen EU bis 2050 erreiche, die Europa wettbewerbsfähig, gerecht und sozial ausgewogen halte. Die unterschiedlichen Bedingungen der Mitgliedsstaaten sollten berücksichtigt werden. Die Staatenlenker stehen unter anderem wegen der Klimaproteste und des guten Abschneidens grüner Parteien bei der Europawahl unter Druck. Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte die EU aufgefordert, Klimaneutralität bis 2050 anzustreben.

Greenpeace fordert österreichisches Engagement

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert die Bundesregierung dazu auf, die EU-Klimaziele bis 2050 zu unterstützen. Dies geht aus einer Stellungnahme hervor, die im Vorfeld des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel verbreitet wurde. "Wenn wir den Kampf gegen die Klimakrise gewinnen wollen, müssen wir das Ruder jetzt herumreißen", mahnte Greenpeace. Österreich steht dem Vernehmen nach dem Ziel, bis 2050 Klimaneutralität für die EU festzuschreiben, skeptisch gegenüber und tritt für eine Verschiebung auf den Zeitraum von 2050 bis 2070 ein. Dies bezeichnete Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit als "völlig inakzeptabel".

"Kanzlerin Brigitte Bierlein hat angekündigt zu verwalten. Österreich hat das Pariser Klimaschutzabkommen ratifiziert und die Verwaltung muss es jetzt umsetzen", so Egit. "Es steht der Kanzlerin nicht zu, dieses völkerrechtliche Abkommen auf europäischer Ebene zu hintertreiben", kritisierte der Geschäftsführer. Bierlein müsse ihre Position "sofort ändern und die EU-Klimaziele bis 2050 unterstützen."