Die soziale Spaltung nimmt in vielen deutschen Städten weiter zu: Dort konzentrieren sich ärmere Menschen und Besserverdienende immer stärker in getrennten Stadtvierteln, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Verschärft werde diese Entwicklung dadurch, dass viele Zuwanderer in sozial benachteiligte Stadtteile zögen.

Ostdeutschland besonders betroffen

Für die Studie untersuchte das WZB die Lage in 86 deutschen Städten. Besonders ausgeprägt sei die soziale Spaltung in ostdeutschen Städten, schreiben die Forscher. Sie erstellten eine Liste jener zehn Städte, in denen sich einkommensschwache Menschen besonders ungleich über die Stadt verteilen. Davon lagen 2017 neun in Ostdeutschland. Auch von den Städten, in denen die räumliche Trennung ärmerer und reicherer Menschen zuletzt besonders zugenommen hat, lagen die meisten in Ostdeutschland - nämlich zehn von zwölf.

Menschen ohne deutschen Pass seien im Untersuchungszeitraum 2014 bis 2017 vor allem in die ärmsten Stadtviertel gezogen, heißt es in der Studie. Dieser Zusammenhang zeige sich besonders in ostdeutschen Städten: Während in den sozial besser gestellten Stadtteilen der Ausländeranteil um 0,7 Prozentpunkte angestiegen sei, sei er in den sozial am meisten benachteiligten Lagen um das Zehnfache - nämlich 7,4 Prozentpunkte - gewachsen. Etwas anders sah es in den westdeutschen Städten einschließlich Berlin aus. Hier stieg der Ausländeranteil in den einkommensschwächsten Vierteln demnach nur um 4,1 Prozentpunkte.

Neben den Ost-West-Unterschieden registrierten die Forscher auch ein Nord-Süd-Gefälle. Für 13 Städte fanden die Forscher keinen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Ausländeranteile und der sozialen Lage der Stadtteile. Diese Städte liegen bis auf Hamburg alle im Süden Deutschlands. In den Städten des Ruhrgebiets und des Nordwestens zogen Zuwanderer dagegen vorrangig in die sozial benachteiligten Stadtteile.

Ausländer in ungünstigen Lagen

"Die Last der Integration ist ungleich verteilt", resümierte WZB-Forscher Marcel Helbig. Dies sei "eine Herausforderung für die Städte wie für ihre Bewohner". Für die großen Unterschiede zwischen den Städten spielen laut WZB-Forschern zwei Strukturmerkmale eine besondere Rolle: das Steueraufkommen und der Wohnungsleerstand. In Städten mit hohem Wohnungsleerstand sei der Anteil der Ausländer in den sozial sehr ungünstigen Lagen besonders stark angestiegen - ein Hinweis darauf, dass Zugewanderte Wohnungen nur dort gefunden haben, wo die Mieten niedrig sind und wenige Menschen leben wollen.

Mit steigenden Steuereinnahmen schwäche sich der Zusammenhang zwischen dem Anstieg des Ausländeranteils und der sozialen Lage der Stadtteile ab. Das heißt: In wirtschaftlich prosperierenden Städten verteilen sich Zugewanderte gleichmäßiger über die Stadt. Das könnte laut Studie daran liegen, dass finanzstärkere Kommunen in der Wohnungspolitik handlungsfähiger sind.