Mit einem hochrangig besetzten Kongress zum Thema Kinderschutz will Papst Franziskus den Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche vorantreiben. Die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen sind von 21. bis 24. Februar nach Rom geladen, ebenso wie die Leiter zahlreicher Ordensgemeinschaften. Aus Österreich nimmt der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn an der Tagung teil.

"So etwas hat es noch nie gegeben"

"So etwas hat es noch nie gegeben. Es ist von der Form her fast wie eine außerordentliche Bischofssynode - obwohl es keine Synode ist", kommentiert die Vatikan-Journalistin Gudrun Sailer im Gespräch mit der APA. Die österreichische Mitarbeiterin des vatikanischen Medienportals "Vaticannews" unterstreicht, was für ein großes Anliegen diese Sache dem Papst ist und erinnert daran, dass Franziskus seit einiger Zeit sogar wöchentlich einen Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der Kirche trifft. Auch beim Kongress in Vatikan selbst sollen Missbrauchsopfer zu Wort kommen.

Das Treffen soll nach Angaben der Organisatoren vor allem dem Zweck dienen, weltweit einheitliche Prinzipien für den kirchlichen Umgang mit Missbrauch zu implementieren. "Der Zweck des Treffens ist sehr konkret: Nämlich sicherzustellen, dass jeder Teilnehmer in sein Land zurückkehren kann, und sich vollkommen klar darüber ist, was getan - und nicht getan - werden muss in solchen Fällen", erklärte Andrea Tornielli, Mediendirektor des Papstes, Anfang des Jahres dazu in der Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano".

Unterschiedliche Voraussetzungen

Gleichzeitig warnte der Jesuit Hans Zollner, Leiter des Kinderschutzzentrums an der Päpstlichen Universität Gregoriana und einer der Mitorganisatoren der Konferenz, im Vorfeld davor, eine "Einheitslösung" für die gesamte Weltkirche zu erwarten. Vielmehr verwies er auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und auch auf das sehr unterschiedlich ausgeprägte Bewusstsein für die Problematik in den verschiedenen Ländern. Der frühere Papstsprecher Federico Lombardi, der die Konferenz moderieren soll, hat diesbezüglich jüngst in der Zeitschrift "La Civilta Cattolica" davor gewarnt, Missbrauch bloß als Problem des "Westens" anzusehen. Finde da kein Umdenken statt, "wird sich die Kirche mit einer Krise nach der anderen konfrontiert sehen".

Auch Sailer gab gegenüber der APA zu bedenken, dass es sehr unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten in der Kirche gebe und in manchen Regionen der Welt Missbrauchsfälle auch noch fast unbekannt seien. "Das Anliegen des Papstes ist, dass den Bischofskonferenzen klar werden muss, dass der Kinderschutz dauerhaft unaufgebbar ist. Das muss durchsickern." Andererseits sei das Bewusstsein für die Problematik etwa in Lateinamerika - ausgehend von den Skandalen in Chile - in jüngerer Zeit deutlich gewachsen, erinnerte sie.

Ein besonderes Thema sei dabei die Verantwortung der Bischöfe und die Kontrolle darüber: "Wer kontrolliert die, die kontrollieren sollen?" fragt Sailer. Kongress-Mitorganisator Zollner hat bereits angekündigt, dass ein ganzer Tag der Veranstaltung der Verantwortlichkeit der Bischöfe gewidmet werden soll.

Missbrauchsskandal seit Jahrzehnten

Der Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche bereits seit Jahrzehnten. Nachdem in den 1980er Jahren erste Fälle in den USA bekannt geworden waren, wurde das Thema während der 1990er Jahre auch in den Medien immer präsenter - in Österreich vor allem durch die Vorwürfe gegen den Wiener Erzbischof Kardinal Hans-Hermann Groer im Jahr 1995. Insbesondere wurde Bischöfen vorgeworfen, die Taten vertuscht oder Beschuldigte im kirchlichen Dienst belassen zu haben. Seit 2001 ist auf Betreiben von Kardinal Joseph Ratzinger, des späteren Papstes Benedikt XVI., die vatikanische Glaubenskongregation für die kirchlichen Strafverfahren aller Kleriker in Missbrauchsfällen verantwortlich.

Das Bewusstsein für das Ausmaß des Problems verstärkte sich weiter ab 2002 mit dem Skandal in der US-Erzdiözese Boston, der zum Rücktritt von Erzbischof Bernard Law führte, 2009 mit dem Bericht über Misshandlungen und Missbrauch durch katholische Geistliche in Irland in Erziehungsanstalten (Ryan-Report) sowie 2010 durch die Enthüllungen über Missbrauch an mehreren katholischen Schulen in Deutschland.