Dieses Drama rührte die Welt: Zwölf junge Fußballer und ihr Coach in Nordthailand, deren Leben am 23. Juni eine schicksalhafte Wende nahm, als sie in die Tham-Luang-Höhle im Berg über ihren Dörfern stiegen und Flutwasser sie einschloss. Die internationale Rettungsaktion mit 10.000 Helfern und 100 Tauchern endete am 10. Juli, als die letzten vier Buben und der Coach betäubt aus der Höhle getragen wurden – betäubt, um nicht Panikattacken in den engen gefluteten Korridoren zu riskieren.

Höhlendrama bringt Profit

Für die Kinder ist seitdem nichts mehr, wie es war: Sie sind Helden, die Hunger und Verzweiflung getrotzt hatten, aber nie klagten. Die eng mit der Natur aufgewachsenen Burschen im Alter von 11 bis 17 Jahren, allesamt Spieler des Fußballklubs "Moo Pa" ("Wildschweine") und ihr 25-jähriger Coach bewiesen enormen Zusammenhalt, mentale und körperliche Stärken. Heute ist Tham Luang zur Touristenattraktion geworden, die einer einst vergessenen Ecke Thailands einen enormen Besucherzustrom beschert. Die Schotterstraße zum Höhleneingang ist gesäumt von Ständen, die gegrilltes Fleisch, Früchte und Lottoscheine feilbieten. Früher kamen 150 Menschen am Tag, heute 6000. Katastrophentourismus, der viel Geld bringt.

Die extrem komplizierte Rettungsaktion zog sich von 23. Juni bis 10. Juli 2018
Die extrem komplizierte Rettungsaktion zog sich von 23. Juni bis 10. Juli 2018 © (c) APA/AFP/ROYAL THAI NAVY/HANDOUT (HANDOUT)



Die Höhle, in der das Drama seinen Lauf nahm, bleibt geschlossen. Die Rettungsaktion hatte Tham Luang arg mitgenommen. Die Höhle soll 2019 für Touristen geöffnet werden, die derzeit drei andere Areale auf dem Gelände besuchen können. Bald soll ein Museum stehen. Am 13. Dezember wurde im Beisein der Kinder eine Statue des Ex-Navy-Seal-Tauchers Saman Kunan eingeweiht. "Sergeant Sam" war bei einem Tauchgang der Sauerstoff ausgegangen, er kam ums Leben.



Selbst bei dieser Einweihung blieben die Kinder von Journalisten abgeschirmt. Die Behörden bringen sie nur zu gewissen Veranstaltungen – sie sind Symbol für das Gute im Menschen, große Namen wollen sich an ihrer Seite zeigen. Noch als die Buben und ihr Coach in der Tiefe der Höhle ausharrten, wurden sie von der FIFA zum WM-Finale in Moskau eingeladen. Die ausgemergelten Geretteten gehörten erst gestärkt, dienten der thailändischen Junta für Propaganda, um zu zeigen, was die Militärregierung vollbringt.

Das Junior-Fußballteam bei einem seiner Pressetermine
Das Junior-Fußballteam bei einem seiner Pressetermine © (c) AP (Gemunu Amarasinghe)



In TV-Sendungen wurden die Buben zelebriert. Sie bedankten sich endlos, verneigten sich vor Porträts ihrer Retter und beantworteten die immer gleichen Fragen. Was sie werden wollen. "Fußballer!", sagte jeder. Am 6. August ging es zurück in die Schule, wo sie ein Vertreter von Bayern München mit Fanartikeln begrüßte. Anfang September gab die thailändische Regierung ein Galadinner zum Dank an die Retter. Dann trainierten die "Wildschweine" wieder Fußball, mit dem gleichen Coach, der sich nach der Rettung in einen Tempel zurückgezogen hatte. Er tat dort Buße.

Sergeant Sam" war bei einem Tauchgang der Sauerstoff ausgegangen, er kam ums Leben
Sergeant Sam" war bei einem Tauchgang der Sauerstoff ausgegangen, er kam ums Leben © (c) APA/AFP/THAI NEWS PIX/KRIT PHROMSAKLA NA SAKOLNAKORN (KRIT PHROMSAKLA NA SAKOLNAKORN)

Hochkarätige Gastgeber

Anfang Oktober ging es auf Einladung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach Buenos Aires, zu den Olympischen Jugend-Sommerspielen, wo das Team im legendären River-Plate-Stadion aufspielte. "Die 'Wildschweine' zeigten große Stärke und Belastbarkeit – wahrhaft olympische Werte", so IOC-Präsident Thomas Bach. Weiterreise nach New York und Los Angeles für Interviews, Ende Oktober zu Gast bei Manchester United.

Bangkok machte immerhin ein Zugeständnis: Drei Buben und der Coach waren Staatenlose im Grenzgebiet zu Myanmar. Thailand verlieh ihnen im Schnellverfahren die Staatsbürgerschaft – etwas, worauf Millionen andere warten. Die 17-tägige Weltreise hatte die Regierung organisiert, um der "Welt zu zeigen, wie unsere Kinder sind." Böse Zungen sagen, dahinter stand nicht Mitgefühl, sondern vielmehr Kalkül.