Zwei Tage lang Hubschrauber über ihren Köpfen, abgeriegelte Straßen und überall Polizisten und Einsatzwagen: Die Bewohner des Straßburger Viertels Neudorf, in dem der Attentäter vom Weihnachtsmarkt untergetaucht war, sind nach dessen Tod vor allem erleichtert.

Als der 29-jährige Chérif Chekatt am Donnerstagabend auf offener Straße von Polizisten erschossen wird, machen Passanten aus ihrer Freude keinen Hehl: Eine bewaffnete Polizeipatrouille empfangen sie mit Applaus und "Bravo"-Rufen.

In dem Viertel im Südosten von Straßburg - einem Gemisch aus gutbürgerlichen Villen, Sozialwohnungsblocks und einem Gewerbegebiet - ist Chekatt aufgewachsen. Hier kannte er sich aus und hier ließ er sich am Dienstagabend von einem Taxi absetzen, nachdem er kurz zuvor im historischen Zentrum der Elsass-Metropole das Feuer auf Passanten eröffnet hatte.

Drei Menschen wurden bei dem Anschlag inmitten des Straßburger Weihnachtsmarktes getötet, ein Opfer ist hirntot. Zwölf andere wurden verletzt, einige von ihnen schwer mit gezielten Schüssen in den Kopf.

Hinweise zweier Bürger

Bei seiner Flucht lieferte sich der mehrfach vorbestrafte Täter am Dienstag mehrere Schusswechsel mit der Polizei und wurde am Arm verletzt. Dennoch konnte er seinen Verfolgern entkommen und in Neudorf untertauchen.

Auf die Spur des Täters kamen die Ermittler mit Hilfe eines Fahndungsfotos und der Hinweise zweier Bürger, die Chekatt in Neudorf gesehen hatten. Eine großangelegte Suchaktion in der fraglichen Zone blieb am Donnerstagnachmittag zunächst erfolglos. Doch dann lief der 29-Jährige am Abend einer Polizeipatrouille über den Weg. Laut Polizei eröffnete er als erster das Feuer und wurde daraufhin von den Beamten erschossen.

An den Absperrungen, welche die Sicherheitskräfte rund um die Zone errichtet hatten, versammeln sich am späten Donnerstagabend zahlreiche Anrainer, immer wieder applaudieren sie den Polizisten. Seit einigen Tagen werde die französische Einsatzpolizei CRS wegen ihres Vorgehens gegen die "Gelbwesten"-Proteste überall im Land kritisiert, sagt der 19 Jahre alte Wilfried, der mit einigen Freunden zum Ort des Geschehens gekommen ist. "Aber man muss ihnen auch Respekt zollen, wenn sie gute Arbeit leisten."

Sichtlich erleichtert zeigt sich auch der 18-jährige Arthur. Noch vor einer Stunde sei er genau da vorbeigekommen, sagt der Jugendliche und zeigt auf das Haus, vor dessen Eingang Chekatt erschossen wurde. "Ich habe gesehen, wie vermummte Polizisten durch die Straße rannten", berichtet der 40-jährige Saïf. Anschließend seien drei Schüsse gefallen.

Weihnachtsmarkt wieder eröffnet

"Ich bin froh, dass er erschossen wurde", sagt eine 56-jährige Nachbarin. "Ich fühlte mich nicht mehr in Sicherheit." Immer wieder habe sie sich gefragt, ob sie dem Angreifer auf der Straße begegnen werde.

Er sei nach dem Anschlag "völlig angeekelt", sagt Sylvain, der auf dem Wochenmarkt im Zentrum Straßburgs einen Stand hat. "Mir fehlen die Worte." Wie viele habe er gedacht, so etwas könne in Straßburg nicht passieren. Doch er habe sich getäuscht. "Und das tut weh." Ganz besonders denkt er an eines der Todesopfer, einen Familienvater, der vor den Augen seiner drei Kinder und seiner Frau durch eine Kugel in den Kopf getötet wurde.

Der Straßburger Weihnachtsmarkt, der normalerweise jährlich rund zwei Millionen Besucher anzieht, blieb nach dem Anschlag zunächst geschlossen. Am Freitagvormittag wurde er in Anwesenheit des französischen Innenministers Christophe Castaner wieder eröffnet.