Wenige Tage nach einer Paketbombenserie gegen Trump-Kritiker hat ein Angriff auf eine Synagoge mit vielen Toten die USA erschüttert. Bei der antisemitischen Gewalttat in der Tree-of-Life-Synagoge von Pittsburgh wurden am Samstag elf Menschen getötet. Der Schütze gab während der Tat antisemitische Parolen von sich. Der Angriff sorgte auch international für Bestürzung.

Gut eine Woche vor der Kongresswahl sehen sich die USA mit massiver politisch motivierter Gewalt konfrontiert. US-Präsident Donald Trump wird vorgeworfen, mit seiner aggressiven Rhetorik ein hasserfülltes Klima zu schüren.

US-Präsident Donald Trump verurteilte die "bösartige antisemitische Attacke". Das Attentat sorgte auch international für Entsetzen. Der Angreifer hatte während einer Zeremonie zur Namensgebung für ein Baby das Feuer eröffnet. Dabei soll er Medienberichten zufolge "Alle Juden müssen sterben!" gebrüllt haben. Nach Behördenangaben war er mit einem Sturmgewehr und mindestens drei Handgranaten bewaffnet. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei wurde er festgenommen und in ein Krankenhaus eingeliefert.

Der Angriff in der Lebensbaum-Synagoge von Pittsburgh im US-Staat Pennsylvania sei "wahrscheinlich" der tödlichste antisemitische Anschlag der US-Geschichte, teilte die auf Beobachtung und Bekämpfung des Antisemitismus spezialisierte US-Organisation Anti-Defamation League (ADL) mit.

"Attacke auf uns alle"

Trump verurteilte den Angriff auf die Synagoge scharf. Es dürfe "keine Toleranz für den Antisemitismus" oder andere Formen des Hasses auf Religionen geben, sagte er. "Diese bösartige antisemitische Attacke ist ein Angriff auf uns alle." Der Präsident rief zur Solidarität mit den Juden in den USA und zum Kampf gegen Antisemitismus und Hass auf. Zudem kündigte er an, bald nach Pittsburgh zu reisen, und ordnete an, die Flaggen vor öffentlichen Gebäuden in den USA bis kommenden Mittwoch auf halbmast zu setzen. Nahe der Lebensbaum-Synagoge versammelten sich dutzende Menschen zu einer Mahnwache.

Bei dem mutmaßlichen Angreifer handelt es sich um einen 46-Jährigen aus Pittsburgh. Das US-Justizministerium teilte mit, es strebe die Todesstrafe für den Täter an. Die Bundesstaatsanwaltschaft erhob noch in der Nacht Anklage in insgesamt 29 Punkten gegen den Mann.

"Hias holt gerne Eindringlinge"

Der 46-Jährige soll der Verfasser einer Serie von antisemitischen Botschaften sein, die vor allem in einem rechtsgerichteten Portal veröffentlichte wurden. In einem Eintrag, der von ihm stammen soll und nur wenige Stunden vor dem Attentat gepostet wurde, wird die jüdische Flüchtlingshilfeorganisation Hias angegriffen: "Hias holt gerne Eindringlinge, die unsere Leute töten. Ich kann nicht sitzen bleiben und zusehen, wie meine Leute abgeschlachtet werden. Scheiß auf Eure Sichtweise, ich gehe rein."

Nach Angaben des FBI handelte der Mann allein. Er sei der Polizei vor dem Angriff offenbar nicht bekannt gewesen.

Gemeindemitglied Stephen Weiss berichtete in Interviews, er habe dutzende Schüsse aus der Lobby des Gotteshauses gehört. Eine Frau am Tatort sagte dem Sender CNN, ihre Tochter sei mit anderen Synagogenbesuchern die Stiegen hinunter gerannt und habe sich im Erdgeschoß verbarrikadiert, als die ersten Schüsse gefallen seien. Der Leiter der städtischen Sicherheitsbehörden, Wendell Hissrich, berichtete von einem "fürchterlichen" Anblick in dem Gotteshaus nach der Bluttat.

Strengere Kontrollen gefordert

Pittsburghs Bürgermeister Bill Peduto forderte striktere Kontrollen beim Waffenbesitz. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie denjenigen Waffen weggenommen werden könnten, "die ihren Hass durch Mord ausdrücken wollen", sagte er. Der Angreifer besaß laut CNN seit Jahren einen Waffenschein. Gemäß eines Mitschnitts des Polizeifunks hatte der Mann ein Sturmgewehr und eine Glock-Pistole bei sich.

Zahlreiche Reaktionen

Der Angriff auf die Synagoge wurde auch international scharf verurteilt. "Ich trauere um die Toten von Pittsburgh, die offenbar Opfer von blindem antisemitischem Hass wurden", ließ die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Online-Dienst Twitter erklären. "Wir alle müssen uns dem Antisemitismus entschlossen entgegenstellen - überall."

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich "zutiefst schockiert über das abscheuliche antisemitische Verbrechen in Pittsburgh, das ich auf das Schärfste verurteile". Sein Mitgefühl gelte in diesen schweren Stunden den Angehörigen und Freunden der Opfer. "Wir müssen alles tun, um Antisemitismus entschieden zu bekämpfen", so Kurz auf Twitter.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu äußerte sich erschüttert über die "schreckliche antisemitische Brutalität". Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres und der französische Präsident Emmanuel Macron verurteilten die Tat. Der französische Innenminister Christophe Castaner ordnete an, die Sicherheitsvorkehrungen rund um Frankreichs Synagogen zu verstärken.

Der Jüdische Weltkongress (WJC) zeigte sich schockiert. Bei dem Vorfall handle es sich um einen "abscheulichen Terrorakt", sagte WJC-Präsident Ronald Lauder am Samstag in New York. "Das war ein Angriff nicht nur auf die jüdische Gemeinde, sondern auf ganz Amerika."

Es handelt sich bereits um den zweiten offenbar politisch motivierten Gewaltakt, der die USA in der Schlussphase des Wahlkampfs für die Kongresswahlen am übernächsten Dienstag erschüttert. In den Vortagen waren 13 Briefbomben abgefangen worden, die an prominente Trump-Kritiker gerichtet waren, unter ihnen Ex-Präsident Barack Obama und die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Der mutmaßliche Versender der Sprengsätze, ein 56-jähriger Mann aus dem US-Staat Florida, war am Freitag festgenommen worden.

Seit dem Auftauchen der Bomben sieht sich Trump mit verschärften Vorwürfen konfrontiert, er trage mit seiner oft aggressiven und polemischen Rhetorik zur Aufheizung des politischen Klimas im Land bei. Nach der Attacke auf die Synagoge kündigte er an, er wolle einen anderen Ton anschlagen.