Nach der Tsunami-Katastrophe in Indonesien wehren sich die Behörden gegen Kritik am Warnsystem. Die Leiterin der zuständigen Agentur für Meteorologie, Klima und Geophysik (BMKG) rechtfertigte die Entscheidung, die ausgerufene Tsunami-Warnung am Freitagabend nach einer halben Stunde wieder aufzuheben. Zu diesem Moment habe es keine Flutwellen mehr gegeben, sagte Behördenchefin Dwirkorita Karnawati.

Der Behörde zufolge wurde die Küstenstadt Palu nach der Serie von Erdbeben innerhalb weniger Minuten von drei Flutwellen getroffen. "Der Strand von Palu wurde in der Dämmerung von drei Wellen erfasst. Das hat zweieinhalb Minuten gedauert", sagte sie der Zeitung "Jakarta Post" (Montag). "Die dritte und höchste hat Häuser und Kioske mit sich gerissen." Die Tsunami-Warnung sei dann erst einige Minuten später aufgehoben worden, um genau 18.37 Uhr Ortszeit.

Warnung zu früh aufgehoben?

Aus Sicht des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam (GFZ) war jedoch auch das zu früh. "Das System sieht vor, dass die Warnung frühestens nach zwei Stunden aufgehoben werden darf", hatte GFZ-Sprecher Josef Zens dem "Tagesspiegel" gesagt.

Nach bisherigen Angaben kamen auf der Insel Sulawesi bei der Serie von Erdbeben und der folgenden Flutwelle mehr als 800 Menschen ums Leben. Befürchtet wird, dass die Zahl der Opfer in den nächsten Tagen noch deutlich steigen wird. Örtliche Medienberichte sprechen von 1.200 Todesopfern.

Die Rettungskräfte haben am Montag die Suche nach Überlebenden wieder aufgenommen. Die Arbeiten auf der Insel Sulawesi werden nach Angaben von Helfern dadurch erschwert, dass es an technischem Gerät und Treibstoff fehlt.

Zwei Überlebende geborgen

Das Militär flog Generatoren ein, weil der Strom nach den zwei schweren Erdbeben und der folgenden Flutwelle an vielen Orten immer noch unterbrochen ist. In der besonders heftig getroffenen Stadt Palu wurden weitere Tote aus den Trümmern gezogen. Nach Angaben der nationalen Katastrophenschutzbehörde konnten aus einem Hotel und einem Restaurant aber auch zwei Überlebende geborgen werden. In der Nacht wurde die Suche dann unterbrochen. Die Behörde will gegen 13.00 Uhr Ortszeit (8.00 Uhr MESZ) eine neue Zwischenbilanz vorlegen.

Nach offiziellen Angaben kamen an der Westküste von Indonesiens viertgrößter Insel durch die Beben und den Tsunami seit Freitagabend mindestens 832 Menschen ums Leben. Das Online-Nachrichtenportal Kumparan berichtete unter Berufung auf die Polizei von mehr als 1.200 Toten. Dafür gab es offiziell aber keine Bestätigung.

Zahl der Toten wird steigen

Befürchtet wird, dass die Zahlen in den nächsten Tagen noch deutlich in die Höhe gehen. Wie groß das Ausmaß der Katastrophe tatsächlich ist, weiß noch niemand.

Der Leiter der staatlichen Suchtrupps in Palu, Nugroho Budi Wiryanto, klagte: "Es gibt kaum schweres Gerät und praktisch keinen Treibstoff. Das macht uns die Rettung von Opfern sehr schwer." Vielerorts gruben Menschen mit bloßen Händen nach Vermissten. Zudem seien am Wochenende die Kommunikationsverbindungen unterbrochen gewesen, sagte der Beamte. "Hoffentlich ist das heute gut genug und wir haben mehr Erfolg."

Zahlreiche Anwohner beschwerten sich darüber, dass sie von den Behörden zu wenig Hilfe bekämen. "Hier hilft uns niemand, nicht einmal mit einem Glas Wasser", sagte ein Mann namens Mahmud. Ein anderer Mann, Amir Sidiq, meinte: "Hier ist überhaupt niemand von der Regierung oder einer anderen Organisation, um die Beisetzung der Leichen zu organisieren. Wir machen das alles selbst."

Flutwelle bis zu sechs Meter hoch

Ein Militärsprecher verwies darauf, dass mit der Aushebung von Massengräbern begonnen worden sei. "Wir beerdigen die Toten so schnell es geht", sagte Luftmarschall Hadi Tjahjanto. "Hoffentlich ist das in ein bis zwei Tagen getan." Allein in Palu starben mehr als 800 Menschen. Viele Opfer sind noch in den Trümmern verschüttet. Die Flutwelle, die viele Gebäude mitriss, war bis zu sechs Meter hoch.

Immer noch nicht sind die Retter an Sulawesis Westküste in die Gebiete vorgedrungen, die in unmittelbarer Nähe des Zentrums des schlimmsten Bebens lagen. Es hatte am Freitagabend die Stärke 7,4 erreicht. Insbesondere in der Gemeinde Donggala weiter oben im Norden werden noch zahlreiche Opfer befürchtet.

Indonesien liegt auf dem Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Für die mehr als 260 Millionen Einwohner sind Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche keine neue Erfahrung. Beim Mega-Tsunami an Weihnachten 2004 starben dort mehr als 160.000 Menschen, so viele wie in keinem anderen Land der Region. Insgesamt kamen damals in den östlichen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans etwa 230.000 Menschen ums Leben.