Die deutschen Bischöfe haben konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs in der katholischen Kirche beschlossen. In einer am Donnerstag in Fulda verbreiteten Erklärung kündigen sie unter anderem einen "transparenten Gesprächsprozess" mit Experten über den Zölibat und die Sexualmoral der Kirche an, berichtete die Nachrichtenagentur Kathpress.

Auch sollen die Zahlungen von Anerkennungsleistungen an Opfer überprüft werden. Zusätzlich wollen die Bischöfe externe und unabhängige Anlaufstellen zu Fragen sexuellen Missbrauchs einrichten.

Begegnungen mit Betroffenen

Die Bischöfe betonen zudem, sie wollten mehr als bisher Begegnungen mit Betroffenen suchen. Zudem sollten Standardverfahren zur Führung der Personalakten von Klerikern entwickelt und überdiözesane Kontrollverfahren für den Umgang mit Missbrauch und die Vorbeugung eingeführt werden.

"Ohne eine unabhängige Aufarbeitung gibt es keine wirksame Veränderung und Gerechtigkeit", heißt es in der Erklärung. "Wir wollen klären, wer über die Täter hinaus Verantwortung institutionell für das Missbrauchsgeschehen in unserer Kirche getragen hat."

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, sagte, es dürfe keine Tabus geben. Es gehe auch um Teilung und Kontrolle von Macht und ein neues Miteinander in der Kirche. Mit Blick auf die Zahlungen an Opfer sagte er, es gebe eine große Bandbreite unterschiedlichen Vorgehens in den Diözesen.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, betonte, die Maßnahmen sollten kontinuierlich überprüft und über das Vorgehen öffentlich berichtet werden. "Ausdrücklich soll der weitere Weg gemeinsam mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs, externen Fachleuten und Vertretern unserer Laiengremien, besonders des Zentralkomitees der deutschen Katholiken erfolgen." Er sprach von einer neuen Etappe, in der eine konkrete Aufarbeitung erfolgen müsse.

Am Dienstag hatten Wissenschafter bei der Herbstvollversammlung der Bischöfe eine Studie zum Missbrauch in der Kirche vorgestellt. In den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 hatte das Forscherteam Hinweise auf 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Die Experten gehen zudem von weiteren Fällen aus, die nicht in den Akten erfasst sind.

Breite Debatte

Auf eine sorgfältigere Auswahl bei den Priesteramtskandidaten drängte Bischof Ackermann am Mittwochabend bei der TV-Sendung "Maischberger" in Köln. "Diese Lebensform, dieser Dienst wirkt irgendwie magnetisch auf die, die dazu nicht geeignet sind", sagte der Trierer Bischof.

Aus der Missbrauchsstudie gehe hervor, dass es Kandidaten mit einer Risikokonstellation für einen sexuellen Übergriff gebe, fügte Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz hinzu. Da müssten die Bischöfe als Verantwortliche besonders schauen, solche Kandidaten nicht zuzulassen.

"Das sind Kandidaten, die sich nicht genügend mit ihrer sexuellen und seelischen Identität auseinandergesetzt haben und meinen, im Beruf des Priesters in einen geschützten Lebensraum hineinzukommen, in dem sie sich mit solchen Fragen nicht auseinandersetzen müssen", so Ackermann wörtlich.

Betroffene "fassungslos" über Erklärung

Die Opferorganisation "Eckiger Tisch" hat sich am Donnerstag "fassungslos" über die Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zum weiteren Umgang mit dem kirchlichen Missbrauchsskandal gezeigt. Zwar habe man nicht erwartet, dass die katholischen Bischöfe zu schnellen Ergebnissen kommen, "aber diese dürftigen Ankündigungen lassen uns fassungslos zurück", sagte Sprecher Matthias Katsch.