Nach dem Fährunglück auf dem Victoriasee in Tansania sind nach Angaben der Behörden mittlerweile mindestens 136 Leichen geborgen worden. Das brechend volle Schiff war am Donnerstag auf dem größten See Afrikas von Bugolora auf der Insel Ukerewe zur Nachbarinsel Ukara unterwegs. Die Fähre kenterte nur wenige Meter von der Anlegestelle entfernt.

Nur 50 Meter von Ufer entfernt

Jüngsten Schätzungen zufolge waren mehr als 300 Menschen an Bord, die exakte Zahl war aber zunächst nicht bekannt. Rund 100 Menschen wurden einem Regierungsvertreter zufolge gerettet. Augenzeugen sagten, die Passagiere hätten an Deck zu einer Seite gedrängt, als sich das Boot dem Anleger näherte. Über Nacht wurden die Rettungsarbeiten, an denen Polizei- und Marinetaucher beteiligt waren, unterbrochen. Am Freitag stieg die Zahl der geborgenen Toten dann sehr schnell. Rumpf und Schiffsschrauben ragten noch aus dem Wasser. 

Bereits bei 200 Menschen an Bord wäre das Fassungsvermögen des Schiffes um mehr als das Doppelte überschritten gewesen. Die Betreiber, die Elektrik, Mechanik und Service Agentur, konnte keine genauen Angaben zur Zahl der Menschen an Bord machen. Die "MV Nyerere" hatte außerdem Säcke mit Mais, Bananen und Zement geladen.Die Fähre wurde 2014 in Auftrag gegeben und erst vor zwei Monaten instandgesetzt, wie Regierungssprecher Hassan Abbas am Freitag sagte. Unter anderem seien zwei neue Motoren eingebaut worden. Zuvor hatte sich ein Parlamentsabgeordneter beschwert, dass das Boot ein Risiko darstelle.

Vermisste Angehörige

"Ich habe weder von meinem Vater noch von meinen jüngeren Bruder etwas gehört, die auf der Fähre waren", sagte Domina Maua. "Sie waren zum Markt in Bugolora gefahren, um eine Schuluniform und andere Sachen für das neue Schuljahr zu kaufen." Eine andere ältere Frau hatte bereits eine Todesnachricht erhalten: "Mein Sohn ist unter den geborgenen Leichen. Er war mit seiner Frau unterwegs, aber sie ist bis jetzt nicht gefunden worden."

Tansanias Präsident John Magufuli äußerte sich "tief betroffen". Er rief seine Landsleute auf, "in diesen schwierigen Zeiten Ruhe zu bewahren", wie sein Sprecher Gerson Msigwa sagte. Die Opposition warf der Regierung Nachlässigkeit vor.

Auf dem Victoriasee ereigneten sich bereits mehrere schwere Schiffsunglücke. Überladung ist dabei immer wieder eine der Ursachen. Im Jahr 1996 etwa waren beim Untergang einer Fähre im tansanischen Teil des Sees schätzungsweise tausend Menschen ertrunken. Mit einer Fläche von rund 68.800 Quadratkilometern ist der Victoria-See einer der größten Seen der Erde. Er liegt zwischen Tansania, Kenia und Uganda.