Gut, beinahe das ganze Leben mit dem Rücken nach unten an einem Ast zu hängen und sich nur einmal wöchentlich zum Toilettengang in Richtung Boden zu bewegen, ist wohl nur für Faultiere ein taugliches Lebensmodell. Ganz grundsätzlich könnte uns der heutige, weltweite Faulpelztag aber durchaus Anlass geben, zu reflektieren: über die bei vielen verkümmernde Fähigkeit loszulassen.

"Work-Life-Blending"

"Tage der Zäsur wie dieser sind wichtig", meint Zukunftsforscher Andreas Reiter im Interview: Für uns, die in einer Nonstop-Gesellschaft Ansässigen, in einer Zeit, in der dauerhafte Aus- und Belastung zur Maxime wurde. Wir sprechen noch fleißig von „Work-Life-Balance“. Vom Bergmassiv aus Beruflichem und Privatem, das wir optimal austarieren müssen. Dabei sind wir bereits in der nächsten Phase, die Reiter, der 1996 das Zukunftsbüro in Wien gründete, "Work-Life-Blending" nennt. Die Grenzen zwischen Job und Freizeit verschwammen vielerorts bis zur Unkenntlichkeit. Wenn ein Konzern wie Google seine Prunkfilialen für Mitarbeiter mit verschiedensten Freizeiteinrichtungen wie Dachgärten, Sportparcours oder Saft-Bars garniert, darf man vermuten, das dies nicht bloß auf Nächstenliebe gründet.

Die Technik entwickelte sich parallel mit Rasanz und Vehemenz weiter – sämtliche Lebensbereiche wurden durchdigitalisiert. Das Sortieren von Firmen-E-Mails in der griechischen Strandbar, das uns in diesem Moment völlig normal erscheint. Das Annehmen von beruflichen Anrufen auf dem Weg zu einer Alm – das geht sich schon aus. Erreichbarkeit vor und nach der eigentlichen Arbeitszeit, letztlich machen das ja alle so – oder? Nicht zu vergessen: Gruppenzwang, der ein Abschalten verlässlich verhindert, beschert uns auch das, was wir Social Media nennen. Das meist für Besinnlichkeit verwendete Wort "Kontemplation", bedeutete ursprünglich "Richten des Blickes nach etwas" – damit ist nicht das konditionierte Starren auf Handy-Displays gemeint.

Bewusst. Sein.

Es erfordert echte Mühe, einmal nicht mit irgendetwas beschäftigt zu sein, doch. Es geht darum, auch/vor allem jene Zeit, die nicht vordergründig Ergebnisse liefert, zu schätzen. Faulheit mit dem Ziel, sich selbst herunterzufahren – diese Regneration kann produktive Aspekte haben. Bewusst. Sein. Zumindest indirekt und mittelfristig dürfte es künftig für viele mehr Gelegenheit zu Müßiggang geben: "Eine in Zukunft noch stärker automatisierte Arbeitswelt wird uns mehr freie Zeit bescheren", prophezeit Reiter.

Der Autor dieses Artikels gönnt sich nun übrigens zehn Minuten qualitative Faulpelz-Zeit (klettert dafür aber eher auf keinen Baum).