Die Zahl der Toten bei den verheerenden Waldbränden in Griechenland ist weiter angestiegen. Mindestens 80 Menschen haben die lodernden Flammen westlich und östlich der Hauptstadt bisher das Leben gekostet. Feuerwehrleute hatten bis Mittwochvormittag 79 Leichen entdeckt, wie eine Sprecherin der Feuerwehr mitteilte.  Ein Mann erlag am Mittwoch seinen schweren Verbrennungen in einem Krankenhaus, wie der Nachrichtensender Skai berichtete. Es handelt sich um eine vorläufige Bilanz, denn Dutzende Menschen werden noch vermisst. "Die Suche nach diesen Menschen dauert an", sagte die Sprecherin weiter.

Bürgermeister der Region um die Hafenstadt Rafina im Osten Athens befürchteten, dass die Zahl der Toten sogar dreistellig werden könnte. Verwandte der Vermissten richteten ein Internet-Portal mit Fotos der Menschen ein, deren Schicksal unbekannt ist.

Die meisten Brände, die in den vergangenen Tagen bewohnte Gebiete bedrohten, seien unter Kontrolle, hieß es von der Feuerwehr Lediglich auf dem Berg Gerania rund 70 Kilometer westlich Athens tobt ein Brand auf dem Gipfel und in einer Schlucht. Aus Sicherheitsgründen wurden einige kleinere Ortschaften evakuiert - für den Fall, dass der Wind die Flammen in die bewohnten Gebiete treibt.

Hunderte Experten begannen am Mittwoch in den Unglücksorten damit, das Ausmaß der Schäden zu bewerten. Der Brand im Badeort Mati nordöstlich von Athen war am Dienstag eingedämmt, doch im westlich der Hauptstadt gelegenen Küstenort Kineta wütete am Mittwoch den dritten Tag in Folge ein Feuer, das zahlreiche Häuser und Autos zerstörte. Häuser waren nach Angaben der Feuerwehr vorerst nicht bedroht, vorsorglich seien aber einige Viertel von Kineta evakuiert worden. Innenminister Panos Skourletis sagte am Dienstagabend, das Löschen dieses Feuers habe jetzt Vorrang. Feuerwehrleute bekämpften am Mittwoch aber auch Brandherde in anderen Gebieten.

Zahlreiche Menschen vermisst

Bürgermeister der Region befürchteten, dass die Zahl der Toten sogar dreistellig werden könnte, da noch zahlreiche Menschen vermisst werden. Verwandte der Vermissten richteten ein Internet-Portal mit Fotos der Menschen ein, deren Schicksal unbekannt ist.

Unterdessen ist Hilfe angelaufen: Im Westen Athens operieren rund 60 zypriotische Feuerwehrleute, die am Dienstagabend als Teil der EU-Hilfe nach Griechenland gekommen waren. Am Mittwochvormittag sollen auch zwei italienische Löschflugzeuge eingesetzt werden. Ein rumänisches Löschflugzeug sollte am Nachmittag dazustoßen. Länder wie Italien und Rumänien haben bereits Hilfe geschickt. Auf der Website "GoFundMe" wurden mehrere Spendenaktionen für die Brandopfer in Griechenland gestartet.

"Wir sind bereit, falls es von der griechischen Seite beantragt werden sollte, weitere Hilfe zu leisten", erklärte am späten Dienstagabend der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianidis im griechischen Fernsehen. Er war in Athen eingetroffen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Stylianidis wertete die verheerenden Brände als Folge des Klimawandels. "Der Klimawandel ist kein "Fake News"", sagte Stylianidis. Das sei daran zu erkennen, dass dieses Jahr schwere Brände nicht nur im Süden, sondern auch im Norden Europas wie beispielsweise in Schweden toben.

Zorn in der Bevölkerung

Indes werden in der Bevölkerung kritische Stimmen laut. So fragen sich die Bewohner von Mati, ob die Katastrophe hätte verhindert werden können. Im nahen Umkreis gebe es oft keinerlei Löschwasser. "Das ist Aufgabe der Verwaltung", sagt der Einheimische Maximos Sapranidis, "und Nea Makri hat einen Bürgermeister, der lieber im Fernsehen auftritt als seine lokalpolitischen Hausaufgaben zu machen." Alle Tanks und Reservoirs in der Umgebung waren anscheinend leer.

Hinzu kommt, dass Experten zufolge die Infrastruktur in Sachen Brandschutz in der besonders in den Sommermonaten dicht besiedelten Region völlig unzureichend ist. Ferner ist die Bebauung in Mati anarchisch. Es gibt zahlreiche illegale Bauten, oftmals mitten im Wald. Außerdem ist das Straßennetz abseits der Autobahn ungenügsam und in einem schlechten Zustand. Dem Sender CNN sagt eine Bewohnerin von Mati, sie hätte gerne irgendeine Reaktion vom Staat gesehen, "aber das haben wir nicht und das werden wir nicht und das macht mich wütend".

Auch Vorwürfe, dass die Regierung zu spät reagiert habe, wurden geäußert. Unter dem Titel "Das Land ist nackt" kritisierte die oppositionelle Zeitung "Ta Nea" "die Unfähigkeit (...) und das Scheitern der Regierung, ihre Bürger ein paar Kilometer von Athen entfernt zu schützen". Das Nachrichtenportal "BankingNews" schrieb, die Regierung habe keinen Mechanismus für eine Reaktion auf solche Katastrophen. Ein hochrangiger Vertreter des Zivilschutzes sagte der Zeitung "Kathimerini", das Feuer habe sich wegen der schnellen Winde einfach zu schnell ausgebreitet, um den Evakuierungsplan aktivieren zu können.

Suche nach den Ursachen

Unterdessen ging die Suche nach den Schuldigen der Katastrophe weiter. Die Staatsanwaltschaft am Obersten Gerichtshof leitete Ermittlungen zu den Ursachen der Brände ein. In den Medien wurde über einen kriminellen Hintergrund spekuliert: Spekulanten könnten die Brände gelegt haben, um die abgebrannten Ländereien später in Bauland umzuwidmen.

Mehrere Behördenvertreter haben zudem erklärt, es sei seltsam, dass viele Großbrände gleichzeitig ausgebrochen seien. Sie wollen daher eine unbemannte Drohne aus den USA einsetzen, um verdächtige Vorkommnissen zu überwachen.