Dutzende Tote, auf Hausdächern auf Rettung wartende Menschen und mit Schlammmassen überzogene Straßenzüge - heftige Regenfälle haben in Japan schwere Zerstörungen angerichtet. Die Behörden gingen am Sonntag in einer vorläufigen Bilanz von etwa 60 Todesopfern aus. Regierungschef Shinzo Abe sprach von einem "Wettlauf gegen die Zeit" bei der Rettung der Menschen aus den überfluteten Gebieten.

Nach vorläufigen Erkenntnissen seien mindestens 57 Menschen ums Leben gekommen, teilten die Behörden mit. Im öffentlich-rechtlichen Sender NHK war sogar von 68 Todesopfern und 56 Vermissten die Rede. Zudem wurden laut Katastrophenschutz etwa hundert Menschen in den am meisten betroffenen Regionen im Westen des Landes verletzt.

In Tokio rief Regierungschef Abe die zuständigen Minister zu einer Krisensitzung zusammen. "Die Hilfseinsätze, die Rettung von Leben und die Evakuierungen sind ein Wettlauf gegen die Zeit", sagte er.

Tagelange Rekord-Regenfälle im Zuge eines Taifuns lösten besonders im Westen des Landes Überschwemmungen und Erdrutsche aus. Dutzende Häuser wurden zerstört und tausende weitere überschwemmt. Züge entgleisten, Brücken stürzten ein, Straßen wurden fortgespült. Bei Tokio gab es zudem am Samstag ein Erdbeben der Stärke 5,9.

Opfer baten um Rettung

Wegen der Unwetter waren zuvor mehr als zwei Millionen Einwohner aufgerufen worden, sich in Sicherheit zu bringen. Viele blieben aber dennoch in ihren Häusern und wurden dort von Wasser- und Schlammmassen eingeschlossen. Rettungskräfte versuchten zu Menschen zu gelangen, die sich auf Hausdächer gerettet hatten und durch das Schwenken weißer Tücher auf sich aufmerksam machten. Auch im Kurznachrichtendienst Twitter baten Hochwasser-Opfer um ihre Rettung.

In Kurashiki in der Präfektur Okayama waren rund 300 Menschen in einem Krankenhaus von Wassermassen eingeschlossen, darunter Säuglinge und alte Menschen. Es gebe keinen Strom, und auch Trinkwasser und Nahrungsmittel seien knapp, sagte eine Krankenschwester dem Sender NHK. Die Patienten wurden nach und nach mit Hubschraubern und Booten in Sicherheit gebracht.

"Die Katastrophe ist riesig und wir arbeiten hart, um so viele Leben zu retten wie möglich", sagte der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde von Okayama, Mitsunari Imawaka. "Die Zeit läuft ab", fügte er hinzu. Das Ausmaß der Schäden sei noch schwer einzuschätzen.

Ein Vertreter der Katastrophenschutzbehörde in der Präfektur Hiroshima sagte, die Rettungseinsätze würden "rund um die Uhr" fortgesetzt. Außerdem werde an der Wiederherstellung lebenswichtiger Infrastruktur wie Wasser- und Gasleitungen gearbeitet.

In der nahe Hiroshima gelegenen Stadt Mihara hörte der Regen am Sonntag auf und die Einwohner machten sich ein Bild vom Ausmaß der Katastrophe. "Ich weiß nicht, wo ich mit dem Saubermachen anfangen soll", sagte der 68-jährige Bauer Masanori Hiramoto. Die Stadt habe sich "in einen Ozean verwandelt", sagte der 82-jährige Nobue Kakumoto zu den Überschwemmungen in Mihara.

Wegen der Überschwemmungen mussten in der Region auch die Werke von japanischen Konzernen wie Panasonic und Mazda ihre Produktion aussetzen. Auch der Lieferdienst Amazon stellte die Arbeit ein.

Es handelt sich um die schlimmste durch Regenfälle ausgelöste Katastrophe in Japan seit 2014. Damals waren bei Erdrutschen in der Region Hiroshima 74 Menschen ums Leben gekommen.