Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée hat mit scharfen Worten ein Benetton-Werbefoto von aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlingen angeprangert. "Die humanitäre Tragödie, die sich im Mittelmeer abspielt, darf niemals für kommerzielle Zwecke benutzt werden", kritisierte die Organisation am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

In der Werbung der italienischen Modefirma sind Flüchtlinge auf einem Boot zu sehen, die rote Rettungswesten tragen und vom Hilfsschiff "Aquarius" geborgen werden. In der unteren rechten Ecke ist der Schriftzug "United Colors of Benetton" zu lesen. Das Inserat erschien am Montag doppelseitig in der Mailänder Zeitung "Corriere della Sera".

SOS Méditerranée erklärte, sich "vollumfänglich" von dieser Kampagne zu distanzieren. Das Foto war demnach bei dem Rettungseinsatz vor mehr als einer Woche aufgenommen worden. "SOS Méditerranée gibt niemals sein Einverständnis für eine kommerzielle Nutzung seiner Fotografien", schrieb die Organisation. Sie kritisierte auch den Fotografen, der das Bild aufgenommen hatte.

Die "Aquarius" hatte zuletzt den Streit um die EU-Asylpolitik neu entfacht, da Italien die Aufnahme der mehr als 600 Flüchtlinge auf dem Schiff verweigerte.

Kritik des Innenministers

Nach der Hilfsorganisation SOS Mediterranee hat auch der italienische Innenminister Matteo Salvini mit scharfen Worten ein Benetton-Werbefoto von aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlingen angeprangert. "Finde nur ich diese Werbung armselig?", schrieb Salvini auf Twitter. Salvinis Partei, die rechte Lega, rief zu einem Boykott von Benetton-Produkten auf.

Der Starfotograf Oliviero Toscani, Urheber der umstrittenen Werbekampagne, zeigte sich über den Boykottaufruf der Lega unbekümmert. "Salvini ist so hässlich, dass er mit unseren T-Shirts Benetton keine große Werbung machen würde", kommentierte Toscani. Die Tatsache, dass Salvini seine Werbekampagne attackiere, sei ein Beweis, dass diese richtig sei.

Toscani kritisiert die neue Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung scharf. Er erklärte sich bereit, ein Gruppenbild von Politikern zu machen, die Widerstand gegen die neue Regierung leisten wollen. "Dieses Bild könnte zu einem großen Widerstandsmanifest werden", sagte Toscani. Sein Vorschlag erntete in Mitte-Links-Kreisen Beifall. Italiens Ex-Premier Paolo Gentiloni erklärte sich bereit, im Bild aufzutreten.

Umstrittene Werbemethoden

Der 76-jährige Toscani hatte bereits von 1986 bis 2000 mit Benetton zusammengearbeitet. Ende 2017 war er wieder zum Modekonzern zurückgekehrt. Der Neuanfang ist auf das Comeback des Firmengründers Luciano Benetton zurückzuführen. Dieser hatte 2017 nach mehreren Jahren außerhalb des Konzerns wieder das Ruder des krisengeschüttelten Modeunternehmens übernommen.

Mit seinen Werbekampagnen sorgte Toscani immer wieder für Diskussionen. Für Benetton fotografierte er einen sterbenden Aids-Kranken sowie Todeskandidaten in den USA, ebenso setzte er behinderte Kinder als Models ein. Verantwortlich war er auch für Plakate, die einen neugeborenen Säugling, die blutgetränkte Kleidung eines getöteten jugoslawischen Soldaten oder einen Aids-Kranken zeigten