Die Botschaft, die „The Green Lie: Die grüne Lüge“, der neue Film von Werner Boote und Kathrin Hartmann, transportiert, ist keine angenehme: „Greenwashing“ nennt sich die Strategie vieler Unternehmen, mit der das schmutzige Kerngeschäft hinter schönen Öko- und Sozialversprechen versteckt werden soll. Der Konsument, auch und gerade jener mit guten Absichten, sei hier oft der Dumme. Aber: Veränderung sei möglich, getragen vom Mut, etwas Neues auszuprobieren und Dinge kritisch zu hinterfragen. Am Ende muss ein Systemwandel stehen, so lautet das Resümee. Es geht um Selbstermächtigung und das kollektive Gefühl „Wir können etwas bewirken“. Es ist die Ohnmacht, die viele Konsumenten angesichts der globalen Entwicklungen lähmt. Aber die Veränderung findet statt - im kleinen wie auch im großen Rahmen, wie die Auswahl unserer Beispiele zeigt. Auch die beliebte Ausrede: „Was kann ich allein schon bewirken?“, stimmt nicht. Denn ein Mensch kann positiv auf sein Umfeld einwirken. Am Ende steht vielleicht sogar die Schwarmintelligenz, die Weisheit der vielen.


Einkaufen ohne Plastik
Bevor er sich der „grünen Lüge“ annahm, widmete sich Filmemacher Werner Boote unter anderem dem Thema Plastik und seiner dominanten Rolle in unserem Alltag. Die alarmierenden Bilder seines Kinofilms „Plastic Planet“ veranlassten einige Menschen, den Plastikkonsum in ihrem Alltag - teils radikal - einzuschränken.

Die Politik und der Handel reagierten zeitverzögert. Während bei uns zumindest die (kostenlose) Verteilung von Plastiksackerln an den Supermarktkassen eingeschränkt bis gestoppt wurde, setzt die niederländische Bio-Supermarktkette Ekoplaza jetzt einen drastischeren Schritt. In ihrer Filiale in Amsterdam wurde ein Warengang vollständig von Plastik befreit. Egal ob Fleisch, Milch, Schokolade, Müsli, Reis oder Nudeln: Sämtliche insgesamt 700 Produkte in diesem Bereich des Geschäfts kommen ohne Plastik als Verpackungsmaterial aus. Bis Jahresende soll es in sämtlichen 74 Filialen eine derartige plastikfreie Zone geben. Teurer als die konventionell verpackten Produkte sollen die dort angebotenen Waren übrigens nicht sein, verspricht die Supermarktleitung. Indes wuchert auch die Ratgeberindustrie für einen plastikfreien Alltag. Ganz oben auf der Liste zu vermeidender Produkte sind neben allgemeinem Verpackungsmaterial aus Plastik beispielsweise Plastikflaschen (vor allem jene mit Wasser gefüllten), die Einwegbecher der „Coffee to go“-Begeisterten, aber auch Zahnbürsten, Einwegrasierer und Kochutensilien.

Dem Palmöl den Kampf ansagen
Am Anfang stand ein Leserbrief in der Kleinen Zeitung, darin machte unsere Leserin Elisabeth Lederer aus Bad Blumau ihrem Ärger Luft: Nach dem Trailer zu „Die grüne Lüge“ entschloss sie sich zu einer ganz besonderen Art des Fastens: Palmölfasten. „Ich bin dann bewusst einkaufen gegangen und habe Artikel ohne Palmöl gesucht. Erst dadurch ist mir bewusst geworden, wie schwierig das überhaupt ist“. Doch der Zeitaufwand ärgert die Oststeirerin nicht, sondern die unglaubliche Menge an Lebensmitteln, in denen Palmöl vorkommt: „Es ist schockierend, wo Palmöl überall drinnen ist - auch in vielen Dingen, die speziell für Kinder und Kleinkinder gemacht sind.“ Mittlerweile hat die 53-Jährige schon ihren Freundeskreis mit der Suche nach Palmöl angesteckt. Und nicht nur das: „Viele Leute haben den Leserbrief gelesen und mich danach angerufen. Gemeinsam kommt man auf die unmöglichsten Dinge drauf - sogar im Gelierzucker hat eine Bekannte Palmöl gefunden!“ Dass ein Film ein Umdenken bewirken kann, hat sie bei sich selbst gesehen: Nach „Plastic Planet“ hat sie bereits ihrem Plastikkonsum den Kampf angesagt. Jetzt geht es auch dem Palmöl an den Kragen.


Welche Gütelsiegel halten was sie versprechen?
Gütesiegel im Lebensmittelbereich: Viel Licht, aber auch Schatten
Als „Schwindel“ und „Lüge“ werden die Gütesiegel des Handels im Film „Die grüne Lüge“ gegeißelt. Konkret kritisiert wird zum einen die Unverbindlichkeit - es sind vielfach freiwillig eingegangene und kontrollierte Qualitätskriterien; zum anderen die mitunter verwirrende Kennzeichnung. Dann nämlich, wenn nur einige Inhaltsstoffe oder Verarbeitungsschritte tatsächlich den strengen „Bio“-Kriterien entsprechen - das aber für eine geschickte Vermarktung als entsprechend „grünes“ Produkt reicht.

Greenpeace hat diesbezüglich zuletzt ein Viertel der insgesamt allein im Lebensmittelbereich mehr als einhundert Gütezeichen gründlich durchleuchtet. Fazit: Von den 26 wichtigsten Auszeichnungen der Branche entsprechen zwar 14 tatsächlich allen Kriterien (Details unter www.greenpeace.org), für zumindest rund ein Drittel gibt es aber Einschränkungen. Vor allem Produkte mit geografischen Auszeichnungen wie „geschützter Ursprungsbezeichnung“, „geschützter geografischer Angabe“ oder der recht breit gefassten „garantiert traditionellen Spezialität“ würden aus ökologischen Gesichtspunkten keinen Vorteil bieten, kritisiert die Umweltschutzorganisation. Noch schärfer wurden Gütesiegel im Fisch- und Aquakulturbereich verurteilt.

Während am anderen Ende der Bewertungsskala die Biomarken der großen Lebensmittelketten wie „Natur pur“, „Ja! Natürlich“, „Ein gutes Stück Heimat Bio“ oder „Zurück zum Ursprung“ ihr ökologisches Nachhaltigkeitsversprechen auch tatsächlich erfüllen, gab es von Greenpeace für das AMA-Siegel eine differenzierte Beurteilung: Das AMA-Biosiegel schneidet sehr gut ab, das „normale“ AMA-Siegel dagegen bekam aufgrund von bedenklichen Futtermitteln nur ein „bedingt vertrauenswürdig“.

Ruanda: Afrika zeigt auf und vor
Seit elf Jahren darf in Ruanda kein Polyethylen-Plastik mehr produziert werden. Damit ist man im ostafrikanischen Staat weiter als in Europa. Plastiksackerl und Folien dürfen nur noch gebraucht werden, wenn es das Gesetz erlaubt. Selbst Hotels brauchen eigene Lizenzen, wenn es darum geht, Salatbuffets mit Plastik abzudecken. Aber ein Verbot bedeutet nicht viel ohne Kontrolle: Ruandas Behörden gehen daher regelmäßig auf Streife in Supermärkten. Die Hauptstadt Kigali wurde zu einem der saubersten Orte ganz Afrikas.

In Schweden wird Mikroplastik der Garaus gemacht
Das Problem ist mikroskopisch klein und wurde gleichsam riesengroß: Mikroplastikteilchen, die mittlerweile in vielen Produkten wie etwa Kosmetika enthalten sind und über Kanalisation in Flüsse, Seen, Meere und letztlich in die Nahrungskette des Menschen geraten, wurden zu einer echten Pest. Die EU verharrt hier weiter in Rat- und Tatenlosigkeit, weshalb Schweden nun voranpreschen will. Die rot-grüne Regierung in Stockholm verfügte, dass ab 1. Juli keine neuen kosmetischen Produkte mit Plastikteilchen, von Zahnpasta über Cremes bis hin zu Shampoos und Duschgels, in den Handel kommen dürfen. Lediglich von den Händlern bereits gebunkerte Bestände dürfen noch vertrieben werden - und das auch nur noch bis Ende 2018. Bis Ende März soll Schwedens Chemikalienbehörde prüfen, ob noch weitere Produkte mit Kunststoffteilchen unter fünf Millimetern vom Verbot erfasst werden. Vor allem auf Meeresbewohner hat Mikroplastik fatale Effekte, Schweden greift durch, wo Brüssel weiterhin zaudert.