Nach dem Amoklauf an einem College im US-Bundesstaat Oregon hat sich US-Präsident Barack Obama erneut wegen einer Schießerei an die Nation gewandt: "Wir stumpfen ab", warnte Obama und ließ seinem Frust über die Waffengesetze freien Lauf. Das Motiv des 26-Jährigen, der in der Kleinstadt Roseburg neun Menschen erschoss und dann ebenfalls getötet wurde, war am Freitag weiter unklar.

Obama sagte, er sei verärgert und betrübt, dass derlei Schießereien mittlerweile "zu einer Art Routine" geworden seien. "Wir können durchaus etwas dagegen tun, aber dafür müssen wir unsere Gesetze ändern." In der Vergangenheit war der US-Präsident mit Initiativen für schärfere Waffengesetze immer wieder im Kongress gescheitert, wo vor allem die Republikaner nicht am in der Verfassung verankerten Recht auf Waffenbesitz rütteln wollen. "Gebete sind nicht genug", mahnte Obama. Es dürfe nicht sein, dass jemand, der anderen Menschen schaden wolle, "so leicht" an Waffen komme.

Der Todesschütze von Oregon besaß nach US-Behördenangaben legal 13 Waffen. Sechs Schusswaffen seien nach dem Amoklauf am Umpqua Community College im US-Bundesstaat Oregon gefunden und sieben weitere in der Wohnung des Mannes sichergestellt worden, sagte Celinez Nunez von der US-Waffenkontrollbehörde ATF am Freitag bei einer Pressekonferenz. Alle Waffen seien von lizenzierten Händlern verkauft worden. Der Schütze habe auch eine Splitterschutzweste und eine große Anzahl an Munition besessen.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief die Verantwortlichen in Washington auf, das Problem der Waffengewalt in den Griff zu bekommen. Die Opferzahl durch Schießereien in den USA sei "entsetzlich", sagte Ban nach Angaben seines Sprechers. Amokläufe wie am Donnerstag sind in den USA keine Seltenheiten: In den vergangenen drei Jahren eröffneten Schützen an 142 Schulen und Universitäten das Feuer, wie aus einer Aufstellung der Website "Mass Shooting Tracker" hervorgeht

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Der 26-jährige Schütze eröffnete Donnerstagfrüh in einem Unterrichtsraum des Umpqua Community College das Feuer. Anschließend ging er in andere Räume, um andere Studenten zu erschießen. Neun Menschen starben, zehn weitere wurden verletzt. Der Schütze kam später bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben. Der Bezirks-Sheriff John Hanlin sagte, der Täter sei identifiziert, doch werde er seinen Namen nicht nennen.

US-Medien zufolge handelte es sich um den 26-jährigen Chris Harper Mercer. Er wurde als schüchterner, zurückgezogener Einzelgänger beschrieben, der mit seiner Mutter in Winchester in Oregon lebte. Nachbarn sagten der "New York Times", er habe jeden Tag die gleiche Kleidung getragen: Armeestiefel, eine grüne Militärhose und ein weißes T-Shirt. Er sei "kein freundlicher Typ" gewesen und habe mit niemandem etwas zu tun haben wollen.

Ein früherer Nachbar aus Torrance im Süden Kaliforniens sagte der Zeitung, er habe Mercer öfter gefragt, ob alles in Ordnung sei, da er so unglücklich ausgesehen habe. Er sei aber so schüchtern gewesen, dass er nur "Hi" gesagt habe. Ein Onlineprofil einer Partnerbörse, das Mercer zugeschrieben wurde, zeigte einen jungen Mann mit kahlrasiertem Schädel. Auf dem Profil bezeichnet er sich selbst als "nicht religiös, nicht religiös, aber spirituell".

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Der Vater einer Studentin sagte dem Sender CNN, der Schütze habe die christlichen Studenten aufgefordert aufzustehen und diese dann erschossen. "Er sagte: 'Gut, weil Du Christ bist, wirst Du Gott in nur etwa einer Sekunde sehen'", sagte Stacy Boylan. Seine Tochter habe überlebt, weil sie sich totgestellt habe. Die Behörden bestätigten aber nicht, dass der Täter gezielt Christen ins Visier genommen habe. "Es ist zu früh zu sagen, was das Motiv war", sagte der Bezirks-Sheriff Hanlin.

Tiefe Betroffenheit in Oregon und den USA
Tiefe Betroffenheit in Oregon und den USA © AP/Pedroncelli

Mahnwache für Opfer

In einer nächtlichen Mahnwache haben Hunderte Menschen der Opfer des Amoklaufs mit zehn Toten an einem College in Roseburg gedacht. "In unserer Trauer werden wir diejenigen erinnern und ehren, die hier heute verloren wurden", sagte die Gouverneurin von Oregon, Kate Brown, laut einem Bericht des "Oregonian".

Einer der Redner bat die Menge, den Namen des von der Polizei getöteten 26-jährigen Schützen nicht zu nennen. Auch Polizeisprecher John Hanlin weigerte sich, den Namen auszusprechen. "Ich will den Schützen nicht verherrlichen, will seinen Namen nicht verherrlichen, will sein Anliegen nicht verherrlichen", sagte Hanlin gegenüber CNN am Freitag. Andere baten bei der Mahnwache in Roseburg darum, den Schützen in die Gebete einzuschließen.

Mehr als 3000 Studenten

Am Umpqua Community College (UCC) sind mehr als 3000 Vollzeit-Studenten eingeschrieben. Die Kleinstadt mit rund 22.000 Einwohnern liegt etwa drei Autostunden südlich der Metropole Portland. Bis Montag sollte das College geschlossen bleiben, alle studentischen Aktivitäten für das Wochenende wurden gestrichen. Noch Stunden nach der Tat untersuchten Sprengstoff-Experten in der Nähe geparkte Autos nach Bomben.