Nach der Tat ließ sich einer von beiden Tätern, Michael Adebolajo, von einem Passanten filmen, mit blutigen Händen, die Mordwaffen, ein Fleischbeil und ein Küchenmesser in der Hand, und jeder konnte seinen Ostlondoner Akzent hören. "Auge um Auge, Zahn um Zahn", rief er.

"Wir schwören beim allmächtigen Allah, dass wir nie aufhören werden, euch zu bekämpfen, bis ihr uns in Ruhe lasst. Ihr werdet nie sicher sein. Der einzige Grund, das wir das getan haben ist, dass Muslime durch die Hände britischer Soldaten sterben, jeden Tag", sagt der Mann wild gestikulierend auf dem Video. "Wir entschuldigen uns, dass Frauen das heute mit ansehen mussten, aber in unseren Ländern müssen das Frauen auch sehen". Diese Wendung "in unseren Ländern" gilt als ein Hinweis, dass der Mann von islamischen, Al Kaida nahen Dschihadisten, radikalisiert wurde.

Unklarer ist, was passierte, als die Polizei kam. Die Täter seien auf die Polizisten mit ihren Waffen losgegangen, sagen einige. Boya Dee von einer Rappergruppe aus Woolwich tweetete, eine Polizistin habe das Feuer eröffnet. "Sie hat ihn ausgeschaltet wie ein Robocop. Es war Movie Shit" - wie im Kino. Die Täter liegen im Krankenhaus, einer soll schwere, aber nicht lebensgefährliche Verletzungen haben.

"Verrat am Islam"

"Was passiert ist, hat uns allen Übelkeit verursacht. Wir haben auf unseren Fernsehern und in unseren Zeitungen Bilder gesehen, die zutiefst schockierend sind", sagte Premier David Cameron, als er nach einer Sitzung des Krisenstabs COBRA vor der Downing Street eine kurze Erklärung zur brutalen Mordattacke auf einen Soldaten in Woolwich gab. Aber der Premier und andere Führungspersönlichkeiten waren auch bemüht, die Stimmung nicht noch mehr aufzupeitschen. "Dies war nicht nur ein Anschlag auf Großbritannien und seine Lebensart. Dies war auch ein Verrat am Islam und den islamischen Gemeinden". Die Worte hatten ihren Grund. Auf mehrere Moscheen in Südengland wurden in der Nacht Steine geworfen. Dutzende Anhänger der rechtsnationalistischen "English Defence League" waren teilweise vermummt zum Tatort gezogen. Nach einer Konfrontation mit der Polizei zogen sie ins Pub und sangen nationalistische Lieder. Der Führer der rechtsradikalen "British National Party", Nick Griffin, behauptete, "Masseneinwanderung" sei schuld.

Auf der COBRA- Krisensitzung wurden der Premier und seine Minister über den Stand der Ermittlungen informiert. Es war der erste Terrormord auf britischem Boden seit dem U-Bahn Anschlag von 2005. Der Schock saß umso tiefer, als sich die Ereignisse fast live im Fernsehen abspielten. Genau so, wie es die beiden Täter wohl planten.

Die Attacke begann am Mittwoch um 14.20 Uhr damit, dass ein Soldat, der aus einem Rekrutierungsbüro in London zu seiner Kaserne in Woolwich zurückkehrte, in unmittelbarer Nähe seiner Kaserne und einer Grundschule von den beiden Tätern in einem blauen Kleinwagen auf dem Gehweg angefahren wurde. Augenzeugen zufolge waren die Angreifer mit Messern, Fleischbeilen und einer Pistole bewaffnet. Unter dem Ruf, "Allahu akbar" - Gott ist groß - versuchten sie offenbar, den Soldaten zu enthaupten. Sie hätten auf ihm "wie auf einem Stück Fleich" herumgehackt", sagt ein Zeuge. Dann zerrten die Männer den Toten vom Gehweg auf die Straße und ließen ihn dort, unter aller Augen liegen. Die Blutlache läuft deutlich sichtbar über den breiten Gehweg auf die Straße. Nun liegen an der Stelle Blumen und Kränze. "Liebe und Respekt für einen wahren Helden, der so brutal von uns genommen wurde. Ruhe in Frieden", steht auf einer Karte. Den Namen des Soldaten gab das Verteidigungsminister auf Wunsch der Familie zunächst nicht bekannt.

Täter ließen sich filmen

In einem der vielen schockierenden Aspekte dieser Mordattacke suchten die Täter nach der Tat nicht das Weite, sondern schlenderten um das Opfer, ließen sich filmen, standen herum - es war klar, dass sie auf die Polizei warteten. "Sie sagten mir, sie wollten einen Krieg in London beginnen. Ich sagte: Da seid ihr allein gegen alle", berichtete eine der Augenzeugen, Ingrid Loyau-Kennett, eine Pfadfinder-Gruppenleiterin aus Cornwall, die nun als Heldin von Woolwich gefeiert wird. Die Frau wollte dem am Boden liegenden Opfer helfen. Als sie sich aufrichtete, sah sie über sich einen der Täter. "Da war dieser schwarze Typ mit einem Küchenmesser und sagte: Gehen Sie von der Leiche weg!" Der Name eines Täters wird inoffiziell als Michael Olumide Adebolajo angegeben - 1984 in London in eine fromme, christliche Familie geboren. Sein Bruder heißt Jeremiah, seine Schwester Blessing, englisch für Segen. Ihre Wohnung wurde in den Morgenstunden von der Polizei durchsucht. Er selbst gab sich nach seiner Bekehrung zum Islam den Beinahmen Mujaahid - einer, der den "heiligen Krieg" führt.

Vor einer Woche habe er in Woolwich an einer Ecke "gepredigt". Er ist zum Islam konvertiert und soll laut BBC im Vorjahr verhaftet worden sein, als er sich der Terroristengruppe Al-Schabaab in Somalia anschließen wollte. Auch Premier David Cameron deutete an, beide Täter seien bei den Sicherheitsbehörden bereits aktenkundig gewesen. Dies wird die Debatte darüber anheizen, ob die Geheimdienste den Anschlag hätten verhindern können.