Zwei Bärenjunge, die im albanischen Nationalpark Tomorr illegal bei einem Hotel-Restaurant gehalten wurden, sind kurz vor der Rettung durch Tierschützer der ORganisation VIER PFOTEN spurlos verschwunden. Die Tierschutzorganisation hatte den Behörden zuvor angeboten, die Tiere zu übernehmen und in eines ihrer Bärenschutzzentren zu bringen. Das albanische Ministerium für Tourismus und Umwelt zögerte jedoch mit der Konfiszierung, und schließlich verschwanden die Bärenjungen auf mysteriöse Weise; ihr Schicksal und Aufenthaltsort bleiben ungewiss. Bären aus der Wildnis zu entreißen und in Gefangenschaft zu halten, ist in Albanien illegal. 

Beweise für Tierquälerei in Albanien

VIER PFOTEN hat seit 2023 alarmierende Beweise von Tierquälerei in Albanien im Zusammenhang mit Wildtierhandel festgestellt. Mehr als 27 dokumentierte Fälle belegen die Ausbeutung von Großkatzen, vor allem Löwenjungen, und anderen Wildtieren für den Handel als Haustiere oder als Selfie-Attraktionen. Sie werden auf Internetplattformen und sozialen Medien angeboten, in Musikvideos sowie zur Unterhaltung in Restaurants und Hotels missbraucht. Diese außer Kontrolle geratene Situation gibt Anlass zur Sorge, dass  Privatpersonen in Albanien Großkatzen in großem Stil züchten und handeln – und das ohne Lizenz. VIER PFOTEN fordert die zuständigen Behörden dazu auf, energischer und aktiver einzuschreiten und die bestehenden Gesetze zu verbessern, einschließlich des endgültigen Verbots der privaten Haltung von Großkatzen und Bären.  

„Trotz der Versicherungen der zuständigen Behörden, eine Lösung für die Bärenjungen zu priorisieren, ist es einfach zu spät für eine Rettung. Die Verantwortung für diesen traurigen Vorfall liegt ganz klar beim Ministerium. Es ist die Aufgabe des albanischen Staates, heimische Bären und Wildtiere zu schützen. Der jüngste Vorfall der verschwundenen Bärenjungen und ähnliche Fälle zeigen, dass ein aktiveres Handeln in Albanien notwendig ist. Neben Tierschutzbedenken bergen solche Zustände auch Risiken für lokale Gemeinden, die nicht wissen, dass illegal gehaltene, gefährliche Tiere in ihrer Nachbarschaft leben. In Zusammenarbeit mit den Behörden müssen wir verhindern, dass weitere Bären und Wildtiere Opfer illegaler und grausamer Haltung werden“, sagt Barbara van Genne, Direktorin der Abteilung für Wildtiere bei VIER PFOTEN. 

Viele Großkatzen illegal in privater Gefangenschaft

VIER PFOTEN hat in den letzten Jahren beobachtet, dass das Halten von illegal gehandelten und gezüchteten Großkatzen in Südosteuropa an Popularität gewinnt. Die hohe Anzahl an Großkatzen, die sich in Albanien in privater Gefangenschaft befinden, ist äußerst besorgniserregend. VIER PFOTEN schätzt, dass aktuell 60 bis 80 Großkatzen illegal in Albanien gehalten werden – eine schockierend hohe Zahl, wenn man diese in Relation zu Albaniens Bevölkerungsgröße setzt. Die meisten Fälle von Ausbeutung, illegaler privater Haltung und Misshandlung von Wildtieren werden in den sozialen Medien entdeckt, was ihre Nachverfolgung erschwert. Informationen zufolge sind nicht nur die zwei Bärenjungen aus dem Nationalpark Tomorr spurlos verschwunden, sondern es fehlen auch Informationen zum Schicksal vieler Großkatzen. VIER PFOTEN vermutet in Albanien ein internationales Netzwerk für legalen und illegalen Handel mit Verbindungen zu anderen Ländern, vor allem Serbien. VIER PFOTEN hat alle Fälle und Bedenken mehrmals mit dem zuständigen albanischen Ministerium geteilt und kaum Reaktionen dazu erhalten.

VIER PFOTEN hat den letzten „Restaurantbären“ Albaniens, basierend auf eigenen Recherchen und zu dem Zeitpunkt vorhandenen Informationen, Ende 2022 befreit und in den Bärenwald Arbesbach gebracht. „Bär Marks Rettung war ein großer Meilenstein für den Tierschutz in Albanien, trotzdem zeigt das jüngste Verschwinden der Bärenjungen, dass es noch viel zu tun gibt. Die Bedeutung der historischen Rettungsmission kann nur erhalten bleiben, wenn die Behörden mehr Aufmerksamkeit der Verbesserung von Tierschutzvorschriften schenken und Wildtiere besser schützen“, sagt van Genne.