Die Menschen an der südspanischen Costa del Sol, der berühmten touristischen Sonnenküste, hoffen inständig auf Regen. Aber nicht nur auf ein paar kurze Schauer, wie sie in diesen Januartagen in Spanien immer mal wieder niedergehen. Sondern auf wochenlangen Dauerregen, der endlich wieder die Talsperren und unterirdischen Grundwasserspeicher auffüllt. Die Ferienregion in Andalusien erlebt gerade die schlimmste Dürreperiode, an die sich die Bewohner erinnern können – und das mitten im Winter.

„Es ist Zeit aufzuwachen“, warnte Juanma Moreno, der regionale Regierungschef Andalusiens, nach einer Krisensitzung anlässlich des Regenmangels. Moreno forderte die Bürger auf, den Wassernotstand ernst zu nehmen und äußerst sparsam mit dem kostbaren Nass umzugehen. „Wenn es bis zum Sommer nicht regnet, werden wir erhebliche Versorgungsprobleme haben. Mit den entsprechenden Auswirkungen für die Bevölkerung, aber auch für die Landwirtschaft, die Industrie und den Tourismus.“

Tankschiffe und Entsalzungsanlagen

Die Wasserspeicher Andalusiens, wo Zehntausende Europäer ihren Zweitwohnsitz haben, sind leer. In dutzenden Städten und Dörfern an der Costa del Sol gibt es bereits Einschränkungen. Allerorten werden Notfallszenarien vorbereitet. Zu den geplanten Schritten gehört, die Wasserversorgung stundenweise einzustellen. Und das Trinkwasser mit Schiffen und Tanklastwagen in die Region zu bringen. Auch provisorische Entsalzungsanlagen sollen an der Küste installiert werden, um aus Meerwasser Süßwasser zu gewinnen.

In der nahezu ausgetrockneten Talsperre La Viñuela, dem größten Stausee im Hinterland der Costa del Sol, können die Besucher inzwischen spazieren gehen. Der riesige See ist zu einer Pfütze geschrumpft und nur noch zu sieben Prozent gefüllt. Die grünen Tretboote, mit denen Ausflügler in besseren Zeiten über den See fahren konnten, liegen auf dem Trockenen.

Schwere Verluste in der Landwirtschaft

Auch die Landwirte, die den Stausee zur Beregnung ihrer Plantagen voller Mangos, Avocados und Oliven nutzten, bekommen schon länger kein Wasser mehr und müssen ihre Felder verdorren lassen. „Eine Katastrophe“, stöhnen die Bauern. „Schon 2023 war das schlechteste Jahr der Geschichte“, erklärt der Agrarverband UPA in seiner Jahresbilanz. Bald könnte es noch schlimmer kommen.

Die Trockenheit habe den Landwirten schwere Verluste zugefügt, heißt es bei der UPA. Beim Olivenanbau, wo Spanien Weltmarktführer ist, sei die Erntemenge in der vergangenen Saison um 50 Prozent geschrumpft. Das bekamen auch die europäischen Verbraucher zu spüren. Der Preis für das begehrte Olivenöl in den europäischen Supermärkten stieg in schwindelerregende Höhe. Und das könnte erst der Anfang sein.

„Der Klimawandel und seine Auswirkungen, wie etwa die Dürre, die wir gerade durchmachen, ist zur größten Herausforderung für die nächsten Jahre geworden“, sagt Andalusiens Ministerpräsident Moreno. Andalusien, das gegenüber der nordafrikanischen Küste liegt, gehöre zu den durch die Erderwärmung am stärksten betroffenen Regionen Spaniens. Das andalusische Territorium ist mit 8,5 Millionen Einwohnern nicht nur die bevölkerungsreichste Region des Landes, sondern auch Heimat der viel besuchten Touristenstädte Sevilla, Córdoba und Granada.

„Brauchen 30 Tage Regen“

Die Tourismusbranche, neben der Landwirtschaft das zweite große Standbein der Region, ist alarmiert. Allein in 2023 erholten sich mehr als 14 Millionen Urlauber an der Costa del Sol, besuchten dort beliebte Badestädte wie Málaga oder Marbella. Nun befürchten die Hoteliers, dass die Wasserkrise die Touristen abschrecken könnte. Leere Swimmingpools, nur noch tröpfelnde Duschen – keine attraktive Vorstellung von einem Urlaub in Spanien.

Die aktuelle Situation ist keine Überraschung, sondern Folge einer jahrelangen Tendenz: Andalusien leide bereits seit acht Jahren an abnehmenden Niederschlägen, sagt der Meteorologe Juan de Dios del Pino vom staatlichen Wetteramt Aemet. Es handele sich um die längste Dürreperiode in der Region seit Beginn der Aufzeichnungen. Und es sei nicht zu erwarten, dass es demnächst zu den ersehnten dauerhaften Regenfällen komme.

Auch Andalusien-Präsident Moreno ist pessimistisch: „Wir brauchen 30 Tage ununterbrochenen Regen, um über den Sommer zu kommen.“ Die Niederschläge müssten also einer wahren Sintflut gleichen, damit der Notstand noch abgewendet werden kann.

Auch Katalonien betroffen

In der nordöstlich liegenden spanischen Mittelmeerregion Katalonien, zu der die Tourismushochburgen Barcelona und Costa Brava gehören, sieht es nicht besser aus. Auch dort hat die Regierung Wasseralarm ausgelöst, weil es seit Jahren immer weniger regnet.

Der Stausee Sau, der den Großraum Barcelona versorgt, verfügt nur noch über fünf Prozent Wasser. „Die Bäume Barcelonas sterben am Durst“, titelte die in Barcelona erscheinende Zeitung „La Vanguardia“. Mehr als 200 katalanische Orte schränkten bereits den Wasserverbrauch ein.

Die Entsalzungsanlagen laufen inzwischen auf Hochtouren. Ohne sie könnte die Metropole Barcelona nicht mehr versorgt werden. Doch dies allein reicht für die 7,5 Millionen Bewohner Kataloniens nicht aus. Erst recht nicht, wenn sich bald wieder Millionen Urlauber auf den Weg machen.

Schon jetzt beschloss daher Katalonien drastische Sparpläne, die auch Urlauber treffen werden. Dazu gehört: Hotels, Campingplätze und Privatpersonen dürfen demnächst ihre Pools nicht mehr füllen – es sei denn, sie benutzen Meerwasser.

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