Auch als Kriegsherr, der eine – nicht vom erwarteten Erfolg begleitete – Invasion im 14. Monat zu verantworten hat, erwartet man sich offenbar ab und zu Applaus: so Wladimir Putin, der nun bei der Zeremonie der Amtseinführung von 17 neuen Botschaftern der EU, der USA und anderen Ländern im Kreml eine Rede hielt. Nachdem Russlands Machthaber gewohnte Rundumschläge gegen den Westen verteilt hat, erhofft er sich im prunkvollen Rahmen von den Anwesenden allen Ernstes Zustimmung. Diese rhetorische Spezialoperation schlägt fehl.

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"Danke für Ihre Aufmerksamkeit"

Dem war dann nicht so, nicht nur die neue US-Botschafterin Lynne Tracy folgt den gesamten Ausführungen des russischen Präsidenten mit starrer Miene. Auch nach Putins Schlussworten ("Danke für Ihre Aufmerksamkeit") bleiben die Versammelten still und stumm. Nach einem fragenden bis hilflosen Blick auf die reaktionslose Versammlung blickt der Kremlchef noch verlegen zur Seite, nestelt nervös an seinen Unterlagen herum und sagt: "Das war's." Nicht ganz ...

"Damit müssen wir unsere Zeremonie leider beenden …", ergänzt er noch stotternd – und begründet dies mit "noch immer in Kraft stehenden Covid-Beschränkungen". Die Botschafter müssen indes ohnehin gut 25 Meter von Putin auf einer Linie aufgefädelt stehen. Derlei Berührungsängste gab es beispielsweise zuletzt beim Besuch von Chinas Machthaber Xi Jinping nicht. Doch der Kremlchef lässt nicht locker: "Wir werden nicht von Angesicht zu Angesicht miteinander sprechen können, aber ich bin mir sicher, dass wir diese Gelegenheit in Zukunft noch oft haben werden. Alles Gute. Danke Ihnen!" Weiter kein Applaus. Dann kommt von Putin, bereits im Hinausgehen, noch ein "Alles Gute".

"Applaus für Kriegsverbrecher?"

Das Video vom Auftritt geht längst viral, auf Twitter wird Spott reihum gereicht: "Beinahe Slapstick!", heißt es unter anderem. Ein anderer User sinniert nach den mysteriösen Todesfällen in Russlands höheren, dem Machthaber nicht gewogenen Kreisen der letzten Monate: "Als Nächstes: 17 Botschafter rutschen aus und fallen aus Hotelfenstern." Auch die Frage: "Warum sollte eigentlich irgendwer einem Kriegsverbrecher applaudieren?", wird auf Twitter gestellt.

Einen peinlichen Moment erlebte auch Russlands Außenminister Sergei Lawrow Anfang März in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi auf der "Raisina-Konferenz", eine Art indisches Davos: Dort wollte er – wie schon so oft zuvor – ausschließlich den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich machen und Russlands Willen zum Frieden betonen. Auf die Frage nach der Energiepolitik seines Landes merkte er an: "Wissen Sie, der Krieg, den wir versuchen zu beenden und der gegen uns ausgelöst wurde, in dem die Ukraine benutzt wurde ..." Darauf folgte unverhohlenes Gelächter im Publikum – und Lawrow kam ins Stottern.

Dass es unmöglich wurde, russische Propaganda außerhalb von Russland anzubringen, scheint klar: In Australien wurde Kremlbotschafter Alexei Pawlowsky von der unerbittlichen Journalistin Sarah Ferguson bei einem TV-Interview mit äußerst direkten Fragen konfrontiert – und vorgeführt.