Olga (Name zum Schutz der Kinder geändert) ist 36 Jahre alt, wurde in Moskau geboren und kam 1991, im Alter von fünf Jahren, nach Österreich, wo sie aufwuchs und studierte. Seit 2015 lebt sie in Kiew. Seit Kriegsausbruch ist sie als Sanitäterin bei der Einheit der Territorialverteidigung im Einsatz – zunächst in Kiew, dann im Landkreis von Lugansk. Die Frau hat drei kleine Kinder in Kiew und drei halbwüchsige Kinder in Österreich – als Söldnerin droht ihr der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Warum haben Sie sich freiwillig gemeldet?
OLGA: Für mich gibt es von klein auf ein Leitmotiv: Ich muss mir selbst in die Augen schauen können. Ich könnte nicht zu Hause sitzen, nichts tun, warten oder zurück nach Österreich gehen und dort ein schönes Leben haben. Das geht nicht, wenn ich weiß, dass mein Land – und die Ukraine ist auch mein Land, denn ich besitze hier ein Grundstück – angegriffen wird.

Sie werden als Sanitäterin eingesetzt, obwohl Sie nur über mäßige Vorkenntnisse verfügten. Wie sah die Ausbildung aus?
Zu Kriegsbeginn hatte ich die Möglichkeit, im Internationalen Bataillon zu trainieren – auch im medizinischen Bereich. Es gibt einen Riesenunterschied zwischen taktischer und ziviler Medizin. Hier hatte ich sehr gute Lehrer, die selbst ausreichend praktische Erfahrung haben. Das Meiste lernt man aber, wenn man selbst im Feld im Einsatz ist.

Die meisten Verwundungen im Felde werden durch Artilleriebeschuss verursacht. Schrapnells reißen schwere Wunde, die richtig erst in Krankenhäusern behandelt werden können. Wie sieht Ihre Tätigkeit als Sanitäterin aus?
Es geht ums schnell Verbinden von Wunden – dann wird die Person ins Krankenhaus gefahren. Es gibt aber auch Situationen, in denen man drei, vier Tage festsitzt und man keine Möglichkeit hat, den Verwundeten rauszubringen. Hier geht es darum, dass man den Zustand weiter stabilisiert.

Was sagen Ihre Kinder in Kiew im Alter von 2, 5 und 6 Jahren und Ihre Mutter zu Ihrem gefahrvollen Leben?
Zum einen ist es sehr schwierig, Kindern begreiflich zu machen, was Krieg überhaupt bedeutet und was ihre Mama hier macht. Da ich aber im medizinischen Bereich tätig bin, ist es für mich einfacher als für andere Soldaten. Wir telefonieren so oft es geht – so kann ich irgendwie immer noch an ihrem Alltag teilnehmen. Es wird schwierig, wenn wir weiter draußen sind und es keine Verbindung mehr gibt.