Freitagabend, gegen 17 Uhr, war es klar. Ein verurteilter IS-Terrorist ist am Wiener Landesgericht verurteilt worden, weil er als Security-Mitarbeiter in der Impf- und Teststraße im Austria Center Vienna (ACV) gegen deren Willen Sex mit einer Mitarbeiterin hatte. Im Gegensatz zur Anklage ging das Gericht allerdings nicht von einer Vergewaltigung aus, sondern sprach den 21-Jährigen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 205a StGB) schuldig. Der Angeklagte fasste dafür 18 Monate unbedingt aus.

Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin nahm der Mann die Strafe an. Auch die Staatsanwältin hatte keine Einwände, das Urteil ist daher rechtskräftig.

Das Gericht kam davor nach ungewöhnlich langer Beratungszeit zum Schluss, dass sich der Angeklagte zwar keiner Vergewaltigung, aber einer Verletzung der sexuellen Integrität schuldig gemacht hatte. Er habe mit der Frau verkehrt, "obwohl Sie erkannt haben, dass sie es nicht wollte", stellte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung fest. Und weiter: "Wir haben Ihnen geglaubt, dass Sie keine Gewalt ausgeübt haben und sie mitgemacht hat." Allerdings habe die Frau "geweint und mehrmals gesagt, dass sie es nicht möchte". Trotzdem habe der Mann weitergemacht.

Zeugenaussagen vor Gericht

Der 21-Jährige war am 6. Jänner 2022 festgenommen worden, nachdem er sich in der vorangegangenen Nacht nach einem Lokalbesuch mit einer Arbeitskollegin in ein Hotel begeben und – so der ursprüngliche Vorwurf der Staatsanwaltschaft – diese mit Gewalt zur Duldung sexueller Handlungen gezwungen haben soll. Vor Gericht behauptete der Mann allerdings, es sei zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen, wobei die Initiative von der jungen Frau ausgegangen sei. Wie sie argumentierte, ist nicht klar – die Frau wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Gericht befragt. Eine Kollegin, der sie von der Nacht im Hotel erzählt hatte, meinte am Freitag im Zeugenstand: "Ich glaube, dass sie es nicht gewollt, aber nichts gesagt hat."

Verblüffenderweise war es dem 21-Jährigen gelungen, als rechtskräftig abgeurteilter Ex-IS-Terrorist mit darüber hinaus drei weiteren einschlägigen Vorstrafen ausgerechnet einen Job im Sicherheitsdienst in der größten Impf- und Teststraße der Bundeshauptstadt zu ergattern. Am 5. Jänner hatte der Security die prozessgegenständliche Mitarbeiterin in der Impfstraße kennengelernt, mit der er sich nach der Arbeit verabredete. Man traf sich in der Stadt, ging in einem Schnellimbiss-Lokal etwas essen und begab sich danach laut Anklage auf sein Drängen hin in ein Hotel. "Ich bin ein Mann. Wo sie gesagt hat, ich will nicht mehr, habe ich sofort aufgehört", hatte er beim Prozessauftakt Mitte April angegeben.

Strafen gab es schon in den Jahren zuvor

Damals war auch zur Sprache gekommen, dass der Mann im Juni 2017 in Wien wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zu zweieinhalb Jahren Haft, davon zehn Monate unbedingt verurteilt worden war. Ein für einen Jugendlichen – er war damals 17 Jahre alt – nicht unbeträchtliches Strafausmaß. Dem Urteil zufolge hatte er sich Ende Mai 2016 der radikalislamistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen und in einem Terrorcamp in Syrien eine Kampfausbildung durchlaufen wollen. Er wurde allerdings in der südanatolischen Grenzstadt Gaziantep von den türkischen Behörden aufgegriffen, an der Weiterreise gehindert und zurück nach Österreich geschickt. Zurück in Wien, hatte er im Juli 2016 in einem Park elf- und zwölfjährige Buben angesprochen und für den IS zu rekrutieren versucht.

Nach Verbüßung seines unbedingten Strafteils wurde der Mann dann zwar nicht mehr mit der Begehung von terroristischen Straftaten auffällig. Er delinquierte aber weiterhin, zuletzt wurde er wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung verurteilt. Dessen ungeachtet fand er bei diesem Strafregister Beschäftigung bei einem Sicherheitsunternehmen und wurde – ohne Wissen des Austria Center Vienna (ACV) und des Wiener Arbeiter Samariter Bunds – in der größten Wiener Test- und Impfstraße als Sicherheitskraft eingesetzt.