Zum Abschluss der diesjährigen Nobelpreis-Bekanntgaben wurden am Montag die Preisträger in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften verkündet. Die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm zeichnet drei US-Ökonomen mit dem Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften aus: Ex-Fed-Chef Ben Bernanke (Brooklings Institute) sowie Douglas Diamond (University of Chicago) und Philip Dybvig (Washington University).

Die Wirtschaftsexperten erhalten die prestigeträchtige Auszeichnung "für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen", wie der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bei der Bekanntgabe auf dem Universitätsgelände der schwedischen Hauptstadt sagte. Mit der Auszeichnung wurden sie für ihre hilfreichen Erkenntnisse zur Bewältigung der globalen Finanzmarktkrise 2008/2009 geehrt. Der damals drohende Crash des Geldsystems wurde - anders als bei der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre - erfolgreich abgewehrt.

Diamond und Dybvig entwickelten zusammen ein Modell für die Beschreibung von finanziellen Schieflagen im Bankensektor, das eine zentrale Rolle in der Regulierung der Finanzmärkte spielt. Bernanke war während er Finanzkrise Präsident der US-Notenbank Fed (2006 bis 2014) und setzte in dieser Funktion neue Bankenregulierungen um.

Ausgezeichnetes Trio: Bernanke, Diamond, Dybvig
Ausgezeichnetes Trio: Bernanke, Diamond, Dybvig © AP

"Es ist vielen gar nicht bewusst, wie groß die Gefahr für das gesamte Finanzsystem eigentlich war", sagte der Vorstand des Departments Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien, Rupert Sausgruber, am Montag im Gespräch mit der APA. "2008/09, als die Finanzkrise passiert ist, haben die Beiträge der drei Ökonomen wesentliche Einsichten zur Bewältigung dieser Krise gegeben", betonte der WU-Professor. Die Fehler aus der Zeit der "Great Depression" in den 1930er-Jahren seien dadurch nicht wiederholt worden. "Man hat richtig reagiert und das ist ganz fundamental auf die Beiträge dieser drei Herrn zurückzuführen", so Sausgruber.

"In der Fachgemeinschaft sind die drei Preisträger sehr hoch angesehen und sehr geschätzt - sie haben die Finanzwirtschaft und die Interaktion mit der Realwirtschaft, also eine richtige Umsetzung der Geldpolitik, geprägt", strich auch Volkswirt Christian Glocker vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) hervor. Das sei der große Erfolg der US-Wirtschaft in der Finanzkrise gewesen. "Die wussten genau, was in der Krise gemacht werden musste, um zu verhindern, in eine ähnlich lange Rezession zu rutschen wie in den Dreißigerjahren", sagte er zur APA.

Standardwerke

Die drei US-Forscher haben laut WIFO-Makroökonom Glocker viel im Bereich Finanzmarktanalyse gemacht und sich damit auseinandergesetzt, wie eine adäquate Regulierung aussieht, "um zu verhindern, dass sich Risiken im Finanzsektor materialisieren beziehungsweise, falls sie sich realisieren nur zu kleinen realwirtschaftlichen Konsequenzen führen". Der "Great Depression" von 1929 bis etwa 1935 war ein "massiver Risikoaufbau im Bankensektor" vorausgegangen, die zu einer gesamtwirtschaftlichen Rezession führte.

"Ich kenne viele Studien von diesen Leuten, die mittlerweile Standardwerke in diesem Bereich darstellen", erzählte Glocker. Alle drei heute mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Forscher beschäftigten sich damit, welche Risiken eine negative Spirale in Gang setzen könnten und worauf man genau achten müsse. Im Blick haben sie die Finanzwirtschaft auf der einen Seite und die Realwirtschaft auf der anderen Seite. "Die Grundlagenforschung wurde von den drei Preisträgern aufgebaut und wird auch für wirtschaftspolitische Beratung verwendet."

Von Reichsbank gestiftet

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833–1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er-Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Dennoch wird er ebenso wie die weiteren Nobelpreise an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht.

Mit ihm ausgezeichnet wurden bisher besonders häufig Wissenschaftler aus den USA – nach Einschätzung deutscher Ökonomen dürfte es dabei auch in diesem Jahr bleiben. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, betrachtet zum Beispiel die beiden US-Ökonomen Maurice Obstfeld und Kenneth Rogoff als zwei mögliche Kandidaten. Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), nennt die US-Professoren Timothy Bresnahan und Michael Porter sowie den israelisch-amerikanischen Ökonomen Ariel Pakes. Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, favorisiert dagegen den österreichisch-schweizerischen Ökonomen Ernst Fehr.

Seit der ersten Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises war bisher erst ein Österreicher unter den Preisträgern: Der österreichische liberale Ökonom Friedrich August von Hayek erhielt 1974 den Preis gemeinsam mit dem Schweden Gunnar Myrdal für Arbeiten auf dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie. Auch in Deutschland gab es bisher nur einen Preisträger: Der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten erhielt ihn 1994 gemeinsam mit John Nash und John Harsanyi für ihre wegweisenden Beiträge zur nicht-kooperativen Spieltheorie.