Es sind hoffnungsvolle Nachrichten über den verwundeten Schriftsteller Salman Rushdie, die am Wochenende aus dem Krankenhaus zu hören waren. Der britisch-indische Autor ist Medienberichten zufolge auf dem Wege der Besserung. Er werde nicht mehr künstlich beatmet und habe am Samstag – einen Tag nach der Attacke auf offener Bühne – wieder sprechen können, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf seinen Literaturagenten Andrew Wylie.

Der Sohn Salman Rushdies bestätigte, dass es seinem Vater besser geht. "Trotz seiner schwerwiegenden und lebensverändernden Verletzungen bleibt sein üblicher kämpferischer und aufsässiger Sinn für Humor intakt", schrieb Zafar Rushdie am Sonntag in einer Erklärung auf Twitter.

"Wir sind sehr erleichtert, dass er gestern vom Beatmungsgerät und der zusätzlichen Sauerstoffversorgung genommen wurde und in der Lage war, ein paar Worte zu sagen", heißt es darin weiter. Der Zustand seines Vaters bleibe aber weiter kritisch und er sei in umfangreicher medizinischer Behandlung. Ein Sprecher Salman Rushdies bestätigte der Deutschen Presse-Agentur dpa die Authentizität des Twitteraccounts von Zafar Rushdie.

Verdächtiger plädiert auf "nicht schuldig"

Gegen den Mann, der den Schriftsteller angegriffen hatte, wird laut Polizei wegen versuchten Mordes zweiten Grades und Körperverletzung zweiten Grades ermittelt. Er erklärte sich vor einem New Yorker Gericht für nicht schuldig. Zu einem Tatmotiv gab es weiter keine Angaben. Mord zweiten Grades ist ein eigenständiger Tatbestand im US-Rechtssystem zum Tod eines Menschen. Er kann im US-Staat New York mit jahrelangen Haftstrafen sanktioniert werden.

Auf Fotos war der Mann aus dem US-Staat New Jersey, dessen Familie aus dem Libanon stammt, mit weißer Mund-Nasen-Maske in gestreifter Häftlingskleidung und orangen Schuhen zu sehen. Er bleibe ohne Kaution weiter in Gewahrsam, schrieb die "New York Times". Die nächste Anhörung soll demnach am 19. August um 15 Uhr (Ortszeit) stattfinden.

Vor Gericht erklärten die Staatsanwälte laut US-Medien, der Angriff auf den Autor sei vorsätzlich und gezielt gewesen. Der Mann sei mit einem Bus zu dem Institut in Chautauqua im ländlichen Westen des US-Staates New York gefahren und habe sich dort ein Ticket gekauft, um am Freitagvormittag Rushdies Vortrag hören zu können. Der 75-jährige Autor hatte dort bei einer Veranstaltung über verfolgte Künstler sprechen wollen und wenige Minuten vor dem Angriff die Bühne betreten.

Am frühen Sonntag gab es zunächst keine neuen Informationen über Rushdies Gesundheitszustand. Laut US-Medien wurde er weiter in einem Krankenhaus in Erie im angrenzenden US-Staat Pennsylvania behandelt. Sein Schriftstellerkollege Aatish Taseer hatte auf Twitter geschrieben, Rushdie mache schon Witze. Der Tweet wurde aber offenbar später wieder gelöscht.

Rushdie war nach dem Angriff per Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht, operiert und an ein Beatmungsgerät angeschlossen worden, wie sein Agent Wylie am Freitagabend der "New York Times" mitgeteilt hatte. Er könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren. Außerdem seien Nervenstränge in seinem Arm durchtrennt und seine Leber beschädigt worden.

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) zeigte sich am Sonntag erleichtert über den verbesserten Gesundheitszustand des Autors. "Gleichzeitig ist die Gewissheit schmerzvoll, dass er davon sein Leben lang gesundheitlich beeinträchtigt sein wird", hieß es in einer Aussendung. "Meine Begegnung mit Rushdie bleibt unvergessen, er ist eine faszinierende und fesselnde Person. Salman Rushdie hat aufgezeigt, dass ein Mensch einen Unterschied machen kann", so Mayer. Es sei unsere Pflicht, die Freiheit der Kunst wie der Künstler und Künstlerinnen immer wieder aufs Neue zu verteidigen. "Unsere hart erkämpften demokratischen Werte dürfen niemals zu einer Selbstverständlichkeit werden."

Zahlreiche Politiker verurteilten die Gewalttat gegen Rushdie und betonten die Bedeutung von Grundrechten und Meinungsfreiheit. US-Präsident Joe Biden lobte, Rushdie habe sich nicht einschüchtern lassen und stehe für "wesentliche, universelle Werte" wie Wahrheit, Mut und Widerstandsfähigkeit. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb bei Twitter: "Eine internationale Ablehnung solcher krimineller Handlungen, die Grundrechte und Freiheiten verletzen, ist der einzige Weg zu einer besseren und friedlicheren Welt."

Der israelische Regierungschef Yair Lapid sah die Schuld an dem Angriff auch bei der Führung des Iran. Der Vorfall sei "das Resultat von Jahrzehnten der Aufwiegelung, angeführt durch das extremistische Regime in Teheran", schrieb Lapid am Samstagabend bei Twitter.