Um 21 Uhr wird es für die ersten 16 Länder beim Eurovision Song Contest in der Wiener Stadthalle ernst, müssen sie doch eines der zehn Tickets für das große Finale am 23. Mai im ersten Semifinale ergattern. Die Kleine Zeitung begleitet den Auftakt im Live-Ticker, ORF eins und der Spartenkanal Einsfestival übertragen im Fernsehen. Ein Blick auf das Kandidatenfeld, das von Punk über dynamische Wuchtbrummen bis hin zu androgynem R'n'B reicht.

Startnummer 1: Eduard Romanyuta aus Moldawien mit "I Want Your Love". Der junge Steuerrechtsstudent ist eigentlich Ukrainer, tritt als Justin Timberlake des Osten aber für das Nachbarland an - samt Actionfilm entlehnter Polizistenperformance mit knappen Höschen auf der Bühne. Ob das 22-jährige Babyface damit die Kontrolle im Planquadrat Eurovision Song Contest passiert?

Startnummer 2: Genealogy aus Armenien mit "Face The Shadow". Armeniens Retortenband setzt sich aus sechs armenisch-stämmigen Sängern aus je einem anderen Kontinent zusammen. Da ihr Songtitel "Don't Deny" angesichts der aktuellen Diskussion auch als Anspielung auf den Völkermord des Osmanischen Reiches an den Armeniern gelesen wurde, änderte man ihn auf "Face The Shadow" - auch nicht weniger anspielungsreich.

Startnummer 3: Loic Nottet aus Belgien singt "Rhythm Inside". Androgyne Klänge kommen vom erst 19-jährigen Belgier Loic Nottet, der stimmlich so zwischen den Geschlechtern grenzwandelt wie Conchita Wurst im Vorjahr optisch. Seine harte R'n'B-Nummer "Rhythm Inside" hat er dazu noch selbst geschrieben und die monochrom-kubistische Bühnenshow kreiert. Ein Song samt Performer, der aus dem Feld heraussticht.

Startnummer 4: Trijntje Oosterhuis aus den Niederlanden mit "Walk Along". In ihrer Heimat ist die 42-jährige Trijntje Oosterhuis mit markanter Stimme als Jazzsängerin etabliert. In Wien wird sie mit provozierendem Ausschnitt sowie dem Song "Walk Along" antreten. Sympathisches Sommerliedchen, dem Buchmacher aber keine Final-Chancen einräumen.

Startnummer 5: Pertti Kurikan Nimipäivät aus Finnland performen "Aina mun pitää". Finnland liefert mit Sicherheit einen der Hingucker des heurigen Events, besteht die Gruppe Pertti Kurikan Nimipäivät doch aus vier Herren mit geistigen Behinderungen. Die Truppe legt mit "Aina mun pitää" (Ich muss immer) waschechten Punk aufs Wiener Parkett, allerdings ist die Nummer mit eineinhalb Minuten so kurz wie noch kein Titel in der ESC-Historie.

Startnummer 6: Maria Elena Kiriakou aus Griechenland singt "One Last Breath". Den stets im Bewerb vertretenen Nachahmer des Vorjahressiegers stellt heuer Griechenland. Das Motto "Von Conchita lernen, heißt siegen lernen", beherzigt man mit einer großen Schmachtballade. Allerdings hat Maria Elena Kiriakou blonde Haare und keinen Bart.

Startnummer 7: Elina Born und Stig Rästa mit "Goodbye To Yesterday". Da hat sich doch tatsächlich der estnische Nick Cave auf die Bühne verirrt und wirft in der LED-Choreografie mit seiner Partnerin Elina Born gleich lange Schatten. Eine ansprechende Nummer und eines der der vielen Duette der insgesamt 40 Beiträge.

Startnummer 8: Daniel Kajmakoski tritt für Mazedonien mit "Autumn Leaves" an. Wenigstens ein Wiener findet sich heuer im Bewerb in der Bundeshauptstadt, auch wenn Daniel Kajmakoski für Mazedonien als der Heimat seiner Eltern antritt. Sein floraler Beitrag "Autumn Leaves" schwankt zwischen Singer-Songwriter-Romantik und härteren Synthesizern vor wirbelndem Herbstlaub auf der LED-Wand. 2003 wurde Kajmakoski bei "Starmania" im ORF Achter.

Startnummer 9: Bojana Stamenov aus Serbien mit "Beauty Never Lies". Eine echte Wucht ist Bojana Stamenov - ihre Stimme zählt zu den besten im heurigen Wettbewerb. Mit großer Bühnenpräsenz und erstmals auf Englisch bietet Serbien gefühlvollen Pop und Disconummer in einem. Ein Hingucker und Hinhörer.

Startnummer 10: Boggie tritt für Ungarn mit "Wars For Nothing" an. Das bisschen Frieden für den Wiener Wettbewerb steuert heuer Ungarn bei. Die ambitionierte Sängerin Boggie tritt mit der lieben Gitarrenballade "Wars For Nothing" auf die Bühne.

Startnummer 11: Usari und Maimuna singen für Weißrussland den Titel "Time". Da dürfte für viele die "Time" eher langsam vergehen, wenn der weißrussische Kandidat Usari mit seiner gleichnamigen, eingängigen doch auch schnell wieder ausgängigen Nummer die Bühne erklimmt. An der Geige fiedelt Maimuna.

Startnummer 12: Die Russin Polina Gagarina tritt mit "A Million Voices" an. Das Gegenprogramm zur aktuellen politischen Ausrichtung bringt der Beitrag aus Russland. Die nicht direkt naturblonde Sängerin Polina Gagarina beschwört Harmonie und Liebe. Trotz allen ätherischen Pops dürfte die Künstlerin aber wie alle russischen Kandidaten der vergangenen Jahre ein Pfeifkonzert in der Halle erwarten.

Startnummer 13: Anti Social Media aus Dänemark mit "The Way You Are". Sauber und ordentlich wie die frühen Beatles - und mit dem gleichen Gewand: Die dänischen Boyrocker Anti Social Media liefern klassischen Gitarrenpop, der gute Laune macht.

Startnummer 14: Für Albanien tritt Elhaida Dani mit "I'm Alive" an. Tiefer Ausschnitt, hohe Stimme, Schmacht und Weltschmerz: Wenn Elhaida Dani auf die Bühne kommt, feiert das ESC-Klischee fröhliche Urstände. Eine kleine Zeitreise, an deren Ende die Analyse lautet: Früher war nicht alles besser.

Startnummer 15: Voltaj möchte mir "De la capat" für Rumänien etwas holen. Denkt denn niemand an die Kinder? Doch, die Altrocker Voltaj aus Rumänien, auch wenn sie nicht so aussehen. In ihrer klassischen Ballade beweinen sie das Schicksal jener Kinder, die von ihren arbeitssuchenden Eltern in Rumänien zurückgelassen wurden. Bei Google gab es nur nach Trijntje Oosterhuis mehr Suchanfragen als nach Voltaj (unter den Teilnehmern des 1. Halbfinales).

Startnummer 16: Nina Sublatti singt für Georgien "Warrior". Hart, härter, Sublatti: Kein Lächeln kommt der Lederqueen über die Lippen, wenn sie ihre düstere Agroballade "Warrior" mit mächtiger Stimme alleine vor gewaltiger Wolken-Sturm-Kulisse schmettert.