Eine schwerere Aufgabe kann man sich kaum stellen: Der Regisseur Stefan Herheim stellt ein handlungsarmes Oratorium, das ausdrücklich kein Musikdrama sein will, auf die Bühne im Ausweichquartier des Theaters an der Wien. Der Intendant des Hauses siegt mit einem fantastischen Ensemble auf ganzer Linie. Das erste der vielen Wunder dieses Abends ist der Dirigent, der Musikfreunden eher als Countertenor der Extraklasse ein Begriff sein wird: Bejun Mehta. Am Pult des La Folia Barockorchesters erweckt er Händels Musik zum Leben, als hätte er nie etwas anderes getan. Mit einem Bleistift anstelle des Dirigentenstabs zeichnet er weite Kantilenenbögen, markiert schroffe Kontraste und animiert das Ensemble mit Verve zu Höchstleistungen. Die zweite Karriere des 55-Jährigen ist gesichert.