"Also das habe ich mit den beiden in den letzten fünf Jahren noch nicht erlebt!“ Wenn ein Vater so über seine Söhne plaudert, dann rechnet man schon mit dem Schlimmsten. Gerade, wenn er vom ersten Campingurlaub erzählt. Doch warum grinst er dabei so? Erste Zeichen der Verzweiflung? Ganz im Gegenteil: „Stell dir vor, sie haben tatsächlich das erste Mal die ganze Nacht durchgeschlafen!“ Wenn das keine eindeutige Antwort ist.

Und zwar auf eine Frage, die vor einer Woche nach dem Abend­essen aufgetaucht ist: Muss es heuer wieder der übliche Sommerurlaub im All-inclusive-Klub sein? Wie wäre es denn, sich stattdessen ein Wohnmobil zu schnappen und drei Wochen lang einfach draufloszufahren? Das perfekte Ferienerlebnis oder doch nur ein familiärer Ausnahmezustand? Das gilt es, herauszufinden, mit einem Kurztrip übers Wochenende an den Neusiedler See. Ein zweitägiger Versuchs­urlaub sozusagen, und angenommen, es gefällt allen – ist es dann schlauer, ein Campingmobil nur auszuleihen oder sich gleich eines zu kaufen?

Markisen und Motoren

Das ist vor allem eine Philosophiefrage“, erläutert Josef Kleewein von Kledo Reisemobile. „Der eigene Camper ist einfach eine spürbare Steigerung der Lebensqualität, wenn man nicht dauernd den Wagen mit seinen Sachen bestücken und sich jedes Mal neu einrichten muss. Ganz zu schweigen vom andauernden Reservieren und Abholen. So kann man ganz spontan losfahren, sobald ein paar schöne Tage oder ein verlängertes Wochenende bevorstehen.“ Und wenn man lediglich einmal im Jahr campen möchte? „Dann ist die Mietvariante definitiv vorzuziehen.“

In jedem Fall besonders wichtig: eine gründliche Einschulung. Und hier geht es nicht nur darum, wie die Markise arbeitet. Im Prinzip ist so ein Mobil schließlich wie ein Haus bestückt, wenn nicht sogar ein klein wenig komplizierter. „Es war schon richtig, sich alles ausführlich zeigen zu lassen und es einmal selbst auszuprobieren. Sonst hätte man gar keine Chance“, erzählt der Herr Papa nach einer knappen Stunde Lehrzeit. Das komplexe Zusammenspiel aus Starter- und Speicherbatterie sowie externer Stromquelle, aber auch der Umgang mit Frischwassertank, Fahrerhausverdunkelungssystem, Gasheizung und Gasherd müssen der Bordcrew erst einmal ausführlich erklärt werden. „Aber passieren kann eigentlich nichts. Selbst wenn man das Gas aufgedreht lässt – es schaltet sich bei Nichtgebrauch nach ein paar Minuten von selbst ab.“ Dem ersten Testbetrieb steht also nichts mehr im Wege.

Schön und gut, aber wäre es für den geübten Minivanbesitzer nicht wichtiger, sich erst einmal mit dem Fahren an sich zu beschäftigen? Der Knaus Sky Traveller 650 DG ist schließlich ein Riesending: sieben Meter lang, über zwei Meter breit und mehr als drei Tonnen schwer. Ein rollendes Quartier auf Fiat-Ducato-Basis, mit sechs Schlafplätzen, Sitzeck, Dusche und Heckgarage. Ist das nicht eine große Umgewöhnung?
Der Herr Papa kontert: „Überhaupt nicht, der lässt sich so normal wie ein Möbeltransporter bewegen. Die 130 Diesel-PS reichen locker aus und nur bei der Höhe schwitzt man anfangs ein wenig. Da schaut man das erste Mal bewusst auf die Hinweisschilder bei Brücken.“

Vollpension in Reichweite

Erste Bewährungsprobe: der Kindergarten, Freitagnachmittag. Die ganze Rasselbande schaut mit großen Augen, als der weiße Riese vorfährt. Aber wie finden ihn die Söhnemänner? Die sind total aus dem Häuschen. Da ist ja ein Kühlschrank drin, und ein Bett! „Ist das unser Hotel?“, wollte einer sofort wissen. Sozusagen, junger Mann, das Hotel inklusive Vollpension, daher gibt es noch vor der Abfahrt eine kleine Jause am Esstisch – wie praktisch, dass hier alles so schön in Griffweite ist.
Ankunft am Campingplatz beim Neusiedler See. Die Stimmung im Innenraum nach der zweieinhalbstündigen Fahrt? Sensationell. „Mit Kindern ist so ein Fahrzeug ein absoluter Traum. Die zwei sitzen hier nicht so beengt wie in unserem Pkw“, erzählt eine entspannte Gattin, „und was sie auch fasziniert hat, war, dass man nicht mehr aussteigen musste, um aufs Klo zu gehen.“
Urlaube fangen nur selten so stressfrei an. Und erst recht so spontan: Ohne die Mühen des Hotelfindens, Eincheckens und Gepäckverstauens wird gleich die Gegend erkundet, während der Herr des Hauses alles für die erste Nacht vorbereitet.

Die Proficamper nebenan blicken argwöhnisch. Der Neuling wird sich sicher gleich gewaltig blamieren. Doch gelernt ist gelernt, und im Nu ist die Stromversorgung sichergestellt und das Abendessen zubereitet, sind Vordach und Betten aufgeklappt – Fahrradfahren ist auch nicht schwerer. Doch das steht erst morgen auf dem Programm. Jetzt wird es erst einmal Zeit für den ersten großen Test: die Nacht zu viert auf wenigen Quadratmetern. Jetzt erzählt doch endlich, wie war es? „Natürlich etwas eng, aber das Raumklima hat gepasst. Angenehm kühl, mit toller Luft, direkt am See, diese Atmosphäre hätte man in einem großen Hotel nie gehabt“, resümiert der relaxte Vater die stillste Nacht seit fünf Jahren, wobei das Getöse des Sturms und die an die Karosserie prasselnden Regentropfen die beruhigende Wirkung noch verstärkt haben. Wie bitte? Sturm? Regentropfen? Doch wie sagt der geschulte Proficamper so schön: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Ausrüstung – entsprechend erholt und voller Tatendrang springt der Nachwuchs am nächsten Morgen aus den Federn. Duschen? Frühstücken? Ja, aber schnell bitte, und jetzt raus!

Wohlige Wärme

Rad fahren, Fußball spielen, umhertollen, wie praktisch, dass alles direkt vor der Hotel-, äh, Fahrzeugtür möglich ist. Wenn – ja wenn das liebe Wetter mitspielen würde. War es kalt? „Aber wo! Ich musste die Standheizung nur ganz kurz aufdrehen und im Nu hatte es wohlige 25 Grad im Innenraum.“ Wenn es zwischen Elfmeter und Mountainbikeausfahrt also einmal nicht heiß hergehen sollte – kein Problem, das wohlige Wohnmobil steht nur wenige Meter entfernt.
Sonntagvormittag, Tag der Abreise. Logisch, dass sich erst jetzt die Sonne langsam wieder blicken lässt. Aber trotzdem sind alle erholt und fröhlich. Und nachdem der Nachwuchs schon wieder geschlafen hat wie glückliche Murmeltiere, reift langsam die Erkenntnis: An dieser Art des Urlaubmachens muss ja etwas dran sein.

Drei Wochen auf Achse

Wie sieht es die Familie? „Das hat allen richtig Spaß gemacht. Mit einem Zelt wäre das jedenfalls nie möglich gewesen“, fassen sie zwei entspannte Tage zusammen. Was uns zwangsläufig zur abschließenden und alles entscheidenden Frage bringt: Taugt ein derartiges Wohnmobil als Option für den Jahresurlaub? „Absolut! Sich einen Camper zu mieten und damit drei Wochen unterwegs zu sein, das wäre schon sehr reizvoll. Aber nicht durchwegs auf ein und demselbem Standplatz, sondern immer nur ein paar Tage an einem Ort bleiben und dann ganz entspannt weiterfahren – wohin uns die Straße auch führen mag.“ Fast so entspannt also wie ein Urlaub zu Hause, nur mit sich täglich ändernder Aussicht.