Wenn Hersteller Journalisten von der Performance eines neuen Sportwagens überzeugen wollen, dann wählen sie dafür in den meisten Fällen eine Rennstrecke. Und stellen zudem Bodyguards zur Seite: Seit sich in jüngster Vergangenheit einige asiatische Kollegen bei ähnlichen Anlässen übel verwurstet hatten, wachen erfahrene Instruktoren über das Wohl der Schreiber und kontrollieren als Rudelführer das Tempo.

Diesmal geht es um den neuen BMW M2, die Strecke ist der Laguna Seca Raceway südlich von San Francisco und mein Guide auf der Einführungsrunde ist Timo Glock, ein Formel-1-erfahrener Elitepilot. Timo lenkt mit der linken Hand, in der rechten hält er ein Walkie-Talkie, über das er der hinterherhechelnden Horde Linie und Bremspunkte erklärt, ehe wir im Höllentempo auf die berühmteste aller Kurven zusteuern, die sich Corkscrew-Kurve – zu deutsch Korkenzieher – nennt und jeden Debütanten in Angst und Schrecken versetzt.

Abseits der Rennstrecke: voll alltagstauglich
Abseits der Rennstrecke: voll alltagstauglich © BMW

Das Abgründige an Corkscrew ist, dass die Ecke nicht einsehbar ist und man – den blauen Himmel Kaliforniens vor Augen – steil nach unten in eine Links-rechts-links-Kombination stürzt. Zur Magenunverträglichkeit trägt das brutale Anbremsen auf die Passage aus Tempo 200 bei, das den Wagen auf der Kuppe am Heck ganz leicht macht und mein Frühstücksomelett zurück in Richtung Speiseröhre wandern lässt. Am Ausgang des Korkenziehers hänge ich jedenfalls wie ein nasser Sack in den Gurten des Beifahrersitzes, während Timo Glock fröhlich den Kopf zur Seite dreht und sagt: „Geil, oder?“

Ugh. Jetzt bin ich dran. Sechs Runden à 3,6 Kilometer sind angesagt, damit sechsmal Cork-screw, das Adrenalin macht sich bereit zum Abflug. Der 370 PS starke Dreiliter-Sechszylinder atmet auf Knopfdruck durch den Klappenauspuff tief aus, Wählhebel auf D gestellt und der M2 macht sich – launch-kontrolliert – auf zur ersten Haarnadelkurve, die Andretti Hairpin heißt und noch respektvoll umrundet wird, ehe unser Guide einen Zahn zulegt und ich mich geistig auf die Corkscrew-Kurve vorbereite. Als Erster hinter dem Führungsauto halte ich entschlossen Kurs – und zack-zack-zack spuckt mich der Korkenzieher nach drei Windungen wieder unversehrt aus.

Vier Endrohre künden von 370 PS
Vier Endrohre künden von 370 PS © BMW



Spätestens jetzt wird mir klar, was das neue Prunkstück der BMW Motorsport GmbH wirklich kann – und ist: ein beispiellos brachialer und lustvoller Kraftlackel für Könner, der aber auch Möchtegern-Rennfahrern wie unsereins das Gefühl gibt, ein toller Hecht zu sein. Oft mit freundlicher Unterstützung der Hilfselektronik DSC, die sich auch abschalten lässt, wovor allerdings gewarnt sei. Ambitionierte Lenker dürfen sich die Zwischenstufe M-Dynamic-Mode zutrauen.

Jedenfalls: Es fasziniert, wie der kompakte Prügel in der Hand liegt und in den Asphalt beißt, wie er lenkt und bremst und – orchestriert von Turmbläsern und durchgereicht vom Siebengang-Doppelkuppler – wie verrückt anschiebt. Fahrdynamisch spielt der 4,4 Meter kurze Hecktriebler in der Porsche-Liga. Auch die Alltagstauglichkeit des Viersitzers ist erstaunlich, kann der Krawallbruder doch auch Stadt und Landstraße. Fazit: Mehr Auto, Motor und Sport für 65.450 Euro sind im Handel nicht erhältlich.