Ein Blick auf das noch getarnte Äußere, ein Blick in das bis auf ein paar Displays stoffverhangene Cockpit und man weiß, was es beim neuen 7er spielt. Erstmals wurde bei der Entwicklung von BMWs Flaggschiff vom Modell mit langem Radstand ausgegangen, ein Tribut an die beinfreiheitversessenen Chinesen. Und als Zugeständnis an den smartphonegetrimmten Menschen folgt die Limousine den global gelernten Wischbewegungen.

Gesteuert werden kann das Infotainmentsystem iDrive wie gehabt über den Controller auf dem Mitteltunnel oder mit Sprachbefehlen, zusätzlich jetzt auch über einen Touchscreen und mit vier kleinen Gesten, die der 7er mit einem 3D-Senor im Dachhimmel deuten kann.

Zum Annehmen eines Anrufs deutet man mit dem Finger Richtung Display
Zum Annehmen eines Anrufs deutet man mit dem Finger Richtung Display © BMW

Etwa, wenn ein Anruf eingeht und der Fahrer mit einem Finger auf das Touchdisplay zusteuert, als würde er ihn annehmen wollen, spielt der Bayer die Rolle der Telefonvermittlung. Man kann dann auch ruhig mit den Händen sprechen, denn die Gesten lösen nur in bestimmten Situationen eine Reaktion des 7ers aus, eben etwa, wenn das Handy läutet. Mit einem Wisch von links nach rechts, kann man Anrufe ablehnen, wenn man gerade keine Lust auf Konversation hat.

Zum Ablehnen wischt man von links nach rechts
Zum Ablehnen wischt man von links nach rechts © BMW

Zieht man mit dem Finger einen Kreis im oder gegen den Uhrzeigersinn in der Luft, lässt sich die Radiolautstärke lauter oder leiser drehen. Außerdem besteht die Möglichkeit, die sogenannte „Two-Geste“ - zwei Finger formen das Victory-Zeichen und deuten dabei auf den Schirm - mit einer individuell auswählbaren Funktion zu verknüpfen, wie etwa den Bildschirm auszuschalten oder die Navigation mit einem bestimmten Ziel zu programmieren.

Zum Lauter- oder Leiserstellen zieht man mit dem Finger einen Kreis
Zum Lauter- oder Leiserstellen zieht man mit dem Finger einen Kreis © BMW

Mehr als vier Handbewegungen sind es für den Anfang auch deshalb nicht geworden, weil die in verschiedenen Kulturkreisen ebensolche Bedeutungen haben – mitunter auch ziemlich unfreundliche. Deshalb hat sich BMW mit dem 7er erst einmal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der globalen Gestik verständigt. Schließlich möchte man keine Kunden, die für fremde Augen mutmaßlich fluchend in ihrer Limousine sitzen. Das ist ja auch nicht die beste Werbung.

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Die "Two-Geste" lässt sich mit verschiedenen Funktionen verknüpfen © BMW

Zudem hat sich BMW von einer ganzen Reihe an Knöpfen für die Klimaregulierung verabschiedet, die jetzt über eine Anzeige mit Touch-Funktion gesteuert werden. Darauf befindet sich auch der Auslöser für den Parfumzerstäuber …

Carbonverstärkte Karosserie

Gut, jetzt ans Eingemachte: Trotz deutlich erweiterter Komfort- und Sicherheitsausstattung ist der nächste 7er um bis zu 130 Kilogramm leichter. Mit 40 Kilogramm der größte Einzelposten auf dem Diät-Menü ist die „Carbon Core“ genannte Karosseriestruktur in einer Mischbauweise aus Stahl, Aluminium und 16 Teilen aus faserverstärktem Kunststoff.

Das Wissen um den Werkstoff haben sich die Bayern für die elektrischen i-Modelle angeeignet, beim 7er geht es allerdings nicht darum, einfach möglichst viel davon einzusetzen, sondern speziell in hochbelasteten Bereichen wie im Schwellerbereich, den B- und C-Säulen oder am Mitteltunnel. Carbon erhöht Torsionssteifigkeit und Festigkeit, entsprechend können die Blechbauteile leichter ausfallen.

Mit Querspriegeln und Dachrahmen aus Kunststoff spart man Gewicht an der bestmöglichen Stelle, nämlich ganz oben. Oder bei den zehn bis 15 Kilo bei den ungefederten Massen an den Rädern. Bis zu 1000 Gramm pro Bremsscheibe, 2,5 Kilo je dazugehörigem Sattel und so weiter und so fort.

Die Karosseriestruktur aus Stahl und Alu ist mit 16 Carbonteilen verstärkt
Die Karosseriestruktur aus Stahl und Alu ist mit 16 Carbonteilen verstärkt © BMW

Antriebsseitig schütteln wird jetzt erstmals die Hände mit dem neuen Reihensechszylinder-Benziner mit 350 PS, der bereits 3er und im 5er die Tradition fortsetzt. Wir werfen den 3-Liter an, nachdem wir in die mit psychedelischen Folien beklebten Limousinen gestiegen sind.

Die Fakten zuerst: Serienmäßig ist der „Oberbayer“ mit Zweiachs-Luftfederung mit automatischer Niveauregulierung und dreistufigem (Comfort, Comfort +, Sport) Dämpfer-System ausgestattet, erstmals werden auch Allradversionen mit der Allradlenkung kombinierbar sein – und der 7er weiterhin die Rolle des Selbstfahrerautos unter den Luxuslimousinen bekleiden. Der 5-Meter-Wagen schrumpft in Bewegung quasi, die Spreizung zwischen Komfort- und Sportmodus ist beachtlich.

m neuen Adaptive-Modus surft der 7er im Alleingang durch die Fahrmodi
m neuen Adaptive-Modus surft der 7er im Alleingang durch die Fahrmodi © BMW

Im neuen Adaptive-Modus surft der 7er zum Beispiel selbständig quer durch das Repertoire des Fahrerlebnisschalters, orientiert sich dabei am Fahrstil und bezieht über das Navi Informationen über den Streckenverlauf in das Setup mit ein.

Auf den ersten Metern auf BMWs Erprobungsgelände im französischen Miramas fuhr das Flaggschiff aber ein Minus ein: Schlechte Streckenabschnitte machten sich recht unsanft durch Vibrationen im Lenkrad bemerkbar. Da haben die Herrschaften noch Feinarbeit zu leisten.

Spurführungsassistenten und Seitenkollisionsschutz führen selbstständig Lenkbewegungen aus
Spurführungsassistenten und Seitenkollisionsschutz führen selbstständig Lenkbewegungen aus © BMW

Apropos lenken: Das erledigt der 7er in einigen Situationen selbsttätig. Auch wenn die autonome Fortbewegung bei den Münchnern weit weniger forciert wird als bei der Konkurrenz – spielen müssen ihre Autos dieselben Stückln. Deshalb wird der Funktionsumfang der Systeme „Driving Assistant Plus“ und „Driving Assistant“ jetzt um den Lenk- und Spurführungsassistenten, den Spurhalteassistenten mit aktivem Seitenkollisionsschutz, die Heckkollisions-Prävention sowie die Querverkehrswarnung ergänzt.

Der Bayer kann ferngesteuert in Garagen einparken
Der Bayer kann ferngesteuert in Garagen einparken © BMW

Und: Der große Bayer ist das erste Auto, dass ferngesteuert in Garagen einparken kann, in denen es zum Aussteigen zu eng wird. Das Vorwärts-Ein- und das Rückwärts-Ausparken wird vom Fahrer von außerhalb mit dem neuen Display-Schlüssel aktiviert und vom Wagen vollautomatisch ausgeführt.

Zur Aktivierung des ferngesteuerten Parkens muss der 7er in einem Winkel von maximal 10 Grad zur ausgewählten Parklücke positioniert werden. Die beim fahrerlosen Ein- und Ausparken zurückgelegte Strecke kann maximal das 1,5-Fache der Fahrzeuglänge betragen. Aufgrund wessen Umfangsvergrößerung man diese Funktion auch immer braucht.