Flaminio Bertoni, seines Zeichens italienischer Autodesigner, Bildhauer und Architekt, hatte den Citroën Traction Avant, den 2CV vulgo Ente und auch die legendäre Göttin DS in blecherne Maßanzüge gekleidet, die bis heute in Mode sind. Und dann gestaltete er den Ami 6. Er selbst bezeichnete die exaltierte Mittelklasselimousine als sein Meisterwerk - und sollte am Ende Recht behalten.

Auch, wenn es anfangs so gar nicht danach aussah, denn Spott und Häme über die nach innen gewölbte Motorhaube, die Glubschaugen-Scheinwerfer und die kühn nach hinten geneigten C-Säulen ließen nach der Weltpremiere am 24. April 1961 nicht lange auf sich warten.

Aber schließlich hatte das alles seinen Sinn: Die geneigte Heckscheibe ermöglichte auch bei Regen eine klare Sicht nach hinten und die eigens von Cibie konstruierten rechteckigen Scheinwerfer hatten dank kleiner Zusatzreflektoren 26 Prozent mehr Lichtausbeute im Vergleich zu konventionellen runden Scheinwerfern.

Wer kann diesem Blick widerstehen?
Wer kann diesem Blick widerstehen? © Citroen

Und das Lastenheft des Citroën-Generaldirektors Pierre Bercot an die Karosserieabteilung kam der Quadratur des Kreises gleich: Ein großer Kofferraum, eine optimale Raumausnutzung und Komfort für alle Passagiere, die Länge des Fahrzeugs habe vier Meter nicht zu überschreiten – und das alles, ohne einen Kombi zu konstruieren.

Wollte man sich anfangs technisch noch nach oben - also an der DS mit Hydropneumatik -  orientieren, verwarfen die Ingenieure diesen Plan aus Kostengründen rasch wieder und setzten auf die Technik aus der Klasse darunter: Also auf die des 2CV, die lediglich auf ein größeres Fahrzeug ausgelegt wurde. So auch der luftgekühlte Zweizylinder-Boxer-Motor der Ente, der für den Einsatz im Ami 6 auf 602 cm³ aufgebohrt wurde. Aber die 22 PS reichten, um die 610 Kilogramm leichte Limousine auf ein Tempo von 105 km/h zu beschleunigen.

1964 startete der Ami als Kombi Break durch
1964 startete der Ami als Kombi Break durch © Citroen

Den ursprünglich nicht gewünschten Kombi, den gab es ab 1964 dann doch: Der Break schaffte es nicht nur, den Absatz deutlich anzukurbeln, sondern überholte die Limousine sogar − ein sehr seltenes Ereignis in der Automobilgeschichte. Mehr als die Hälfte der 1.039.384 produzierten Ami 6 entfallen auf den Break.

Das französische „Ami six“ wurde übrigens bewusst als Wortspiel zum englischen „a Missis“ (zu Deutsch Fräulein) gewählt, da mit diesem Modell mehr Frauen als Kundinnen gewonnen werden sollten. Passenderweise lautete der Werbeslogan: „Zweitfahrzeug, ideal für die Dame des Hauses“. Das soll sich eine Marketingabteilung heute einmal trauen ...

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