Können Sie sich vorstellen, dass Seat in zehn Jahren eine Art Netflix für Autos wird? Man zahlt wie beim Streamingdienst eine Flatrate und kann dann alle Seats fahren.

LUCA DE MEO: Das kann alles sein. Solche Entwicklungen werden zuerst in großen Metropolen stattfinden. Nehmen wir mich als Beispiel: In Barcelona habe ich einen Scooter - und bewege mich damit. Es kommt darauf an, wie die Situation für jeden Einzelnen ist. Wir sind eine junge progressive Marke, wir können sagen: Machen Sie sich keine Gedanken, wir kümmern uns um Ihre Mobilität.

Welche Lösungen werden Sie als Mobilitätsprovider anbieten?

LUCA DE MEO: Eine Lösung bleibt, dass man Autos, also die Hardware verkauft. Die zweite: Ich beginne Kilometer, die ein Kunde fährt, zu verkaufen. Ich manage eine Mobilitätsplattform.

Mit den dort anfallenden Daten der Nutzer kann man Geschäfte machen.

LUCA DE MEO: Ich weiß noch nicht genau, welche Geschäftsidee da letztlich herauskommt. Ein vernetztes Auto kann täglich Daten im Ausmaß von 3000 Handys abgeben. Wenn wir das Auto in das Internet der Dinge bekommen - es kommuniziert mit Infrastruktur, anderen Autos etc. - und wir entdecken eine Art des Geschäfts, dann ist das reizvoll. Aber ich will auch die Privatheit der Menschen respektieren.

Aber wäre das sogenannte Data-Mining kein Mittel, um die schwindenden Geschäftsmodelle in der Autoindustrie zu ersetzen?

LUCA DE MEO: Wollen Sie an so einem Geschäftsmodell beteiligt sein? Wir haben über 120 Jahre ohne das überlebt. Warum sollten wir uns jetzt die Daten der Konsumenten holen? Unsere Idee ist eine andere: dass wir eine Art Kontrollturm sind, in einem Umfeld, in dem die urbane Mobilität über Plattformen gemanagt wird. Wir legen unseren Focus mehr aufs Produkt, um Probleme mit dem Konsumenten zu vermeiden.

Sie haben Ihr erstes 5-G-Auto im Testeinsatz, das aufgrund der Vernetzung mit Infrastruktur und anderen Verkehrsteilnehmern gewissermaßen um die Ecke schauen und Gefahren voraussehen kann. Der nächste Schritt ist das autonome Fahren. Wie passt das ins Weltbild von Seat, wo es um Fahrfreude geht?

LUCA DE MEO: Man hat vier wesentliche Zukunftszugänge zur Mobilität: Elektrifizierung, Konnektivität, autonomes Fahren und Mobilitätsplattformen. Mit dem autonomen Fahren kann man die laufenden Kosten erheblich senken, wenn sich das Auto alleine bewegt und dorthin kommt, wo man es benötigt. Und das wird es ermöglichen, dass Mobilitätsplattformen, so wie wir sie denken, profitabel sein werden. Ich will nämlich keine Autos, die alleine herumfahren, wenn einer drinsitzt. Es geht darum, dass Autos alleine fahren, um zum Kunden zu kommen.

Aber um das zu managen, braucht man Nutzerdaten, damit man weiß, wohin die Autos kommen müssen. Aufgrund der Datenauswertung am besten noch, bevor sich der Kunde aktiv dafür entscheidet.

LUCA DE MEO: Ein Deal könnte sein: Ich gebe ihnen das Auto ohne Gebühr, sie zahlen lediglich einen Mitgliedsbeitrag für die Mobilitätsplattform und gewähren anderen Zugang zu jenen Daten, die sie hergeben wollen. Wir sind nicht Google, wir machen nicht mit Werbung Geld. Aber wenn ich damit eine Mobilitätsplattform finanziell darstellen kann, dann ist es eine andere Geschichte.

Wie wird diese neue Art, die Mobilität zu denken, Seat selbst verändern?

LUCA DE MEO: Ich glaube, das Herz der Firma wird so bestehen bleiben, wie es ist. Man hat aber eine Generation von jungen Menschen, die an die neue Geschichte glauben. Wie an die Kick-Scooter-Idee, aus der ein tolles Projekt entstanden ist. Das alles bringt neue Energie. Es ist nicht das 65. Auto, das du entwickelst, sondern etwas völlig Neues. Ich finde das cool.

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