Tatsächlich soll Florian Gschwandtner einmal gesagt haben: „Es geht nicht nur mit Vollgas.“ Begegnet man ihm persönlich, fällt es schwer, an diesen Satz zu glauben. Er scheint immer in Bewegung zu sein. Geht ums Auto, schaut, berührt es, inspiziert, steigt ein, wischt übers Display, prüft dabei die Reaktionsgeschwindigkeit, fotografiert, lädt Bilder in die sozialen Medien hoch, steigt aus.

Gschwandtner sah 2018 zum ersten Mal jenes Auto, das er online als erster Käufer reserviert hatte: den Audi e-tron, das erste Elektroauto der Ingolstädter. Er hat das Startup Runtastic mitbegründet, gilt als Start-up-Ikone und Gesicht der Marke – auch wenn er 2018 seinen Abschied verkündet hatte. Die Erfolgsstory der letzten Jahre war atemberaubend. Runtastic-Apps – digitale Fitness- und Sportapps für Smartphones – lockten den Medienkonzern Axel Springer genauso an wie Adidas, das 2015 rund 220 Millionen Euro für Runtastic zahlte. Gschwandtner hätte damals jedes Auto der Welt bestellen können. Der e-Tron hat aber das Rennen gemacht. Ohne Fahrprobe. 

„Ich war schon immer early Adopter“, lacht er, „es geht um die Technologie. Da geht es gar nicht so ums Interieur oder Ähnliches, andere Dinge zählen. E-Auto, Kameras statt Rückspiegeln, die ganze Technologie fasziniert, das merkt man heute ja sogar bei Kindern. Technologie ist cool geworden. Für mich gibt es aber beide Welten: Ich bin mit Motoren groß geworden, ich mag auch Mechanik, ich mag Geräusche, mit sechs hatte ich mein erstes Moped, mit acht meine erste Motocross-Maschine. Ich habe auch die Rennlizenz gemacht.“

Die neue Welt seines Audi e-tron schaut hingegen so aus (Anm.: Modell 2018): 95-kWh-Batterie,  zwei E-Motoren (Spitzenleistung 300 kW), 400 km Reichweite, ein intelligentes Navi-System, das hilft, Energie zu sparen, und Hightech von Oled-Bildschirmen bis zur adaptiven Luftfederung, die je nach Fahrmodus das Auto  heben und senken kann.

Gschwandtner kann generell wenig mit vordergründiger Skepsis anfangen – das gilt auch für das E-Auto: „Die E-Mobilität kommt, sie wird einen großen Stellenwert einnehmen. Und wer heute skeptisch ist: Jeder hat beim iPhone anfangs gesagt: ,So ein Blödsinn.‘ Am Cover des ,Forbes‘-Magazins stand: ,Wer stoppt den Mobilfunk-König Nokia mit einer Milliarde Kunden?‘ Zehn Jahre später ist Nokia nicht mehr da. Das iPhone schon", sagte er 2018. Natürlich weiß er um die Hürden: „Die Erfahrung wird zeigen, wie man die Lade-Infrastruktur im Lebens- und Zeitplan unterbringt.“

Ohne Probefahrt bestellt: e-Tron - "es geht um die Technologie", sagt Florian Gschwandtner
Ohne Probefahrt bestellt: e-Tron - "es geht um die Technologie", sagt Florian Gschwandtner © Marc Haader

Und wenn er 20 Minuten aufladen muss? „Ich habe immer Handy und Laptop mit, in 20 Minuten gehen sich 40 E-Mails aus.“ Staus empfindet der passionierte Läufer als viel schlimmer. „Ich fahre viel öffentlich, denn ein Stau ist das Ineffizienteste, das macht mich fertig.“ Deshalb werde der nächste Schritt das autonome (Auto-)Fahren sein: Schon heute sei er froh über Gimmicks wie Abstandshalter oder Spurassistent. Gschwandtner selbst war auch schon in einem autonom fahrenden Auto unterwegs. „Ungewöhnlich, futuristisch war das, aber ich vertraue wie gesagt sehr stark der Technologie. Und ich habe sofort Vertrauen ins Auto gehabt. Wenn die Software richtig entwickelt ist, dann ist sie sicherer als der Mensch.“ Und: „Ich schaue mir dann an: Was passiert in den Algorithmen, in der Software, wie funktioniert die Objekterkennung, wie kann die Technik eine Schneeflocke wegrechnen, damit das System sicher weiterläuft?“

Noch ein Aspekt fasziniert ihn: „Das Auto wird als autonome Einheit ein Entertainmentzentrum, die Stunde Autofahren hat dann einen Wert von 150 Millionen Euro für die Medien- und Werbebranche, weil man nicht mehr fahren muss, sondern liest, Sendungen schaut etc. Das ist die große, echte Revolution in der Mobilität. Die Autos werden miteinander sprechen lernen, es wird alles effizienter sein. Das finde ich geil, weil du da eine ganze Industrie drehst.“

Er kennt freilich die Auswirkungen, die nicht immer für alle – etwa Werkstätten – erbaulich sein werden. Aber im gleichen Atemzug erzählt er: „Ein Chief Digital Officer eines großen Autokonzerns hat mir erklärt: 20 Prozent des städtischen Raumes gehen für Autos und Parkhäuser auf. Wenn man aber vornehmlich auf autonomes und intelligentes Fahren setzt, und das Auto, das sich frei in der Stadt bewegt, weiß, wenn ich Zähne putze, muss es mich in zwölf Minuten abholen, dann spare ich viel von diesem unnötig verstellten Platz. Diese  ,geteilten‘ Autos sind dauernd in Bewegung, sie wissen, wann sie gebraucht werden. Damit kann man ganze Städte komplett umbauen.“

Ganz von der alten Welt wird sich Gschwandtner aber doch nicht lösen. Gerade hat er sich einen Golf GTI, Baujahr 1983, gekauft. Ein RS6 steht in der Garage, und, ach ja, ein Porsche 911. „Der Verbrenner wird immer was Cooles haben und retro bleiben – und wird lange produziert. Ich sehe auch kein Ende, dafür gibt keinen Grund.“  

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