Ferdinand Piech ist im Absägen seines Spitzenpersonals geübt: So wie über Martin Winterkorn jetzt hat der VW-Aufsichtsratschef schon über dessen Vorgänger Bernd Pischetsrieder einst den Stab gebrochen. Auch andere Manager mussten abtreten, wenn sie bei dem mächtigen Österreicher, der bei VW die Strippen zieht, in Ungnade gefallen waren.

Piechs Macht, der von 1993 bis 2002 selbst den Volkswagen-Konzern führte, ist stets gewachsen. Jetzt hat er den Stuhl des Vorstandschefs angesägt - mit einem einzigen dürren Satz im "Spiegel": "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn."

Winterkorns Vorgänger als Chef des größten europäischen Autokonzerns, Pischetsrieder, musste abdanken, weil er sich nicht am ruppigen Führungsstil des Patriarchen orientierte. Piech war zudem nicht mit dem von Pischetsrieder geplanten Stellenabbau einverstanden. Auch damals kam die Botschaft über ein Zeitungsinterview. Dabei hatte Piech Pischetsrieder selbst von BMW in München nach Wolfsburg geholt und ihm nach Meinung vieler Autoexperten ein wenig durchdachtes Markenportfolio vererbt.

Winterkorn löst Pischetsrieder ab

Pischetsrieder wurde ersetzt durch Winterkorn, den Vorstandschef der erfolgreichen VW-Tochter Audi, der Piechs Technik-Begeisterung teilt, der ebenfalls lange bei Audi war. Manager der Ingolstädter Tochter bilden bis heute einen Großteil von Piechs Machtbasis - können sich aber auch nie in Sicherheit wiegen. Denn auch den ehemaligen Audi-Chef Franz-Josef Paefgen sägte Piech ab.

Der Einzige, der ihm länger die Stirn bot, war Wendelin Wiedeking. Der frühere Porsche-Chef war 2008 mit dem kühnen Versuch gescheitert, VW durch eine Übernahme unter das Dach des Sportwagenbauers aus Stuttgart zu bringen. Wiedeking wurde Piech zu mächtig. Deswegen gab er den Widersacher öffentlich zum Abschuss frei, indem er ihm auf Sardinien vor Journalisten sein Vertrauen nur noch auf Zeit aussprach. Wenig später folgte im Juli 2009 Wiedekings Ablösung.

Piechs enormer Einfluss fußt aber nicht nur auf seinem Machtbewusstsein, sondern auch auf seiner großen technischen Expertise. Der gelernte Maschinenbauer startete seine Karriere 1963 bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen. Seinen Ruf als Konstrukteur erwarb er sich bei Audi in Ingolstadt, wo er Entwicklungen von der Aluminium-Karosserie in Leichtbauweise bis hin zum Audi-Quattro-Antrieb vorantrieb - auch wenn nicht alles technisch Machbare immer großen Verkaufserfolg zeitigte. 1988 rückte er an die Spitze der VW-Tochter, die er zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten von BMW und Mercedes machte.

Taktisches Meisterstück

Sein Meisterstück als Taktiker lieferte Piech, als der VW-Aufsichtsratschef den Spieß nach der gescheiterten Übernahme von VW durch Porsche umdrehte und der Wolfsburger Konzern sich schließlich Porsche als zwölfte Marke einverleibte. Angetrieben wird der Patriarch von der Idee eines Megakonzerns, der vom Kleinwagen bis zum Schwerlaster alles anbietet, was auf den Straßen rollt - bis hin zum Supermotorrad der Marke Ducati. Piech weitete seine Macht in dem Konzern, den sein Großvater Ferdinand Porsche gründete, systematisch aus. Seit dem Einstieg der Porsche-Holding als Großaktionär ist der Porsche-Miteigentümer indirekt auch erheblich an VW beteiligt.

Der Milliardär, der - geboren am 17. April 1937 in Wien - in wenigen Tagen 78 Jahre alt wird, hat trotz seines hohen Alters enormen Einfluss in dem Konzern, zu dem neben VW, Audi, Skoda, Seat und Porsche auch der familieneigene Autohandelskonzern in Salzburg gehört. Dazu kommt ein Lastwagen-Riese, den VW aus dem eigenen Nutzfahrzeug-Geschäft und den beiden Lkw-Herstellern MAN und Scania schmiedet, die ebenfalls zu dem Imperium gehören. Als Piech 1993 VW-Chef wurde, steckte der Autobauer in einer tiefen Krise.