Habt ihr auch manchmal ein fast schlechtes Gewissen beim Essen? Nicht unbedingt (oder nicht nur), weil es euch dick machen könnte. Sondern, weil ihr euch ständig darüber Gedanken macht, wo die Nahrungsmittel, die ihr zu euch nehmt, eigentlich herkommen? Und unter welchen Bedingungen sie produziert wurden? Und beeinflusst das Herkunftstland eines Lebensmittels euer Kaufverhalten schon stärker als das Lebensmittel selbst? Willkommen im elitären (und noch viel zu kleinen) Klub der aufrechten Umweltbewussten!

„Welcome to Paradeis“ oder Tomaten mit Thermal-Power

„Ok, dann kaufst halt spanische Tomaten. Weil heimische wirst im Winter eh nicht kriegen.“ Diesen gutgemeinten – wenn auch nicht klimapolitisch korrekten – Begleittext zur Einkaufsliste kann man sich mit gutem Gewissen sparen. Das steirische Familienunternehmen Frutura baut in seinen Gewächshäusern in Blumau nämlich Tomaten an, die auch im Winter gedeihen. Und zwar nachhaltig. Möglich ist das durch die Nutzung von gespeicherter Wärme aus dem Erdinneren: Das Herzstück der Frutura-Anlage sind zwei Geothermie-Bohrungen (auf über 3.500 m Tiefe), aus denen 125 °C warmes Wasser zur Beheizung der Gewächshäuser verwendet wird. Dabei geht kein einziger Tropfen Thermalwasser verloren, da nur die Wärme aus dem Wasser entzogen und das abgekühlte Thermalwasser zurück in den Boden geleitet wird. Mit dieser Energiequelle, kombiniert mit modernen High Tech-Gewächshäusern ist es möglich, alle Einflussfaktoren so zu steuern, dass die Blumauer Qualität 12 Monate im Jahr gewährleistet ist. Übrigens: In dieser wohligen Wärme gedeihen nicht nur Tomaten, sondern auch Paprika, Gurken, Melanzani und Radieschen ganzjährig!

Frutura-Geschäftsführerin Katrin Hohensinner und Eigentümer Manfred Hohensinner
Frutura-Geschäftsführerin Katrin Hohensinner und Eigentümer Manfred Hohensinner © (c) Philip Platzer

Barsch aus Berlin

Das Unternehmen ECF Farmsystems betreibt im Berliner Ortsteil Schöneberg eine der weltweit modernsten urbanen Aquaponik-Anlagen. Wer’s nicht weiß (und das wäre jetzt auch keine Schande): Unter Aquaponik versteht man ein Verfahren, das die Aufzucht von Wassertieren mit der Kultivierung von Nutzpflanzen verbindet. Im Fall von ECF sind das regionaler „Hauptstadtbarsch“ und frisches „Hauptstadtbasilikum“. Funktionieren tut‘s so: Fischzucht und Gewächshaus sind durch einen Wasserkreislauf miteinander verbunden. Auf den Dächern der Anlage wird das Regenwasser gesammelt, das dann in die Fischbecken geleitet wird. Und die Fischausscheidungen werden als Dünger für die Pflanzen genutzt. Diese Kombination spart Wasser, Dünger und CO2. Wofür ECF Farmsystems auch mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 ausgezeichnet wurde. Eine Win-Win-, beziehungsweise eine Win-Barsch-Win-Basilikum-Lösung, also.

ECF Farmsystems betriebt in Berlin eine der weltweit modernsten urbanen Aquaponik-Anlagen
ECF Farmsystems betriebt in Berlin eine der weltweit modernsten urbanen Aquaponik-Anlagen © Lüdecke

Photovoltaik als Hagelschutz

Preisverdächtig ist auch ein Projekt des deutschen Frauenhofer-Instituts für Solare Energiesysteme: Im Rahmen dieses Projekts - „APV-Obstbau“ - wird untersucht, inwieweit Photovoltaik-Freiflächenanlagen im Apfelanbau die Funktion von Hagelschutznetzen oder Folien übernehmen können. Dadurch erübrigt sich die häufig gestellte Frage, ob man Landflächen für Photovoltaik-Anlagen oder landwirtschaftlich nutzen soll. Konkret wird da gerade mit diversen Modulen im Bodenseekreis, in Rheinland-Pfalz, in Westfalen und im Saarland experimentiert. In der Steiermark auch: Die Versuchsstation Obst- und Weinbau Haidegg bei Graz hat seit Anfang März eine Agri-PB-Anlage im Einsatz.

Die Versuchsstation Obst- und Weinbau Haidegg bei Graz hat seit Anfang März eine Agri-PV-Anlage im Einsatz
Die Versuchsstation Obst- und Weinbau Haidegg bei Graz hat seit Anfang März eine Agri-PV-Anlage im Einsatz © Haidegg

Kurkuma goes Austria

Noch ein neues heimisches Farming.Konzept: Dem Biohof Achleitner im oberösterreichischen Eferding ist es gemeinsam mit seinem Gemüsepartner „veganis“ aus dem Burgenland gelungen, den ersten europäischen Bio-Ingwer und -Kurkuma anzubauen. Die ursprünglich aus Südamerika beziehungsweise aus Asien stammenden tropischen Pflanzen haben es gern feucht und warm. Für den Anbau in unbeheizten Folientunneln braucht es viel Fingerspitzengefühl beim Lüften und Bewässern, um die optimalen Bedingungen zu schaffen. Eine große Herausforderung beim Anbau und bei der aktuellen Ernte lag auch im hohen manuellen Aufwand, da der überirdische Teil der Pflanzen bis zu zwei Meter groß werden kann und es noch keine geeigneten Maschinen gibt. Mit kurzen Transportwegen aus dem Burgenland und den biologischen Anbaubedingungen leistet die österreichische Bio-Sensation aus Eferding einen aktiven Beitrag zum Klima- und Umweltschutz.

Der Biohof Aichleitner baut den ersten europäischen Bio-Ingwer und -Kurkuma an
Der Biohof Aichleitner baut den ersten europäischen Bio-Ingwer und -Kurkuma an © Biohof Aichleitner

Entstanden in Kooperation mit Frutura