Wie gehen Gewerbe und Industrie mit steigenden Energiekosten und der Angst vor Engpässen um? Darüber diskutierten Größen aus der heimischen Politik und Wirtschaft beim Confida Talk im Skyroom des Styria Media Centers in Graz am 19. September. Auf dem Podium nahmen Menschen Platz, die täglich viel im Land bewegen: Sabine Herlitschka, Infineon Technologies Austria AG-Vorstandsvorsitzende, Magnus Brunner, Bundesminister für Finanzen, Günther Apfalter, President Magna Europe & Asia, President Magna Steyr, und Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie Steiermark. Moderiert wurde der Abend von einem wohl ebenso bekannten Gesicht: ORF-Anchor Tobias Pötzelsberger.
Zur Diskussion eingeladen hat die Steuerberatung Confida gemeinsam mit der Energie Steiermark.
Der Skyroom im 14. Stock des Styria Media Centers war bestens besucht, von den geladenen Gästen aus der Welt der Wirtschaft ließ sich kaum jemand die Chance entgehen, mehr zur aktuellen Energiekrise zu erfahren. Lesen Sie hier Auszüge aus dem Gespräch nach.
Die Wurzel des Übels angehen
Magnus Brunner: Die Energiesituation ist das, was uns heute am meisten beschäftigt. Wir leben spätestens seit Februar in einer anderen Welt. Wir werden jede Kilowattstunde an erneuerbarer Energie brauchen. Diese Transformation werden wir nur mit Investitionen, Innovationen und Zusammenarbeit schaffen. Wir werden Unterstützung für die leidgeprüfte Industrie bieten. Zusätzlich muss auf europäischer Ebene eine Möglichkeit gefunden werden, wie die Preise gesenkt werden können.
Tobias Pötzelsberger: Wird das Merit-Order-Prinzip einen langsamen Tod sterben? Und was kommt dann, was besser sein soll?
Martin Graf: Die Politik bekämpft derzeit nur Symptome. Wir müssen die Wurzel des Übels angehen und das ist nicht die Merit-Order. Wir müssen die Spielregeln an der Börse ändern. Die EU-Kommission hat hier viel zu kurz gegriffen.
Magnus Brunner: Es muss eine Entkoppelung der Gaspreise passieren. Die Regelung, die auf der iberischen Halbinsel getroffen wurde, wäre eine, die man auf Europa umlegen könnte, das wäre nicht so schwierig.
Sabine Herlitschka: Als Industriebetrieb sind wir es nicht gewöhnt, nur Symptome zu bekämpfen. Das ist höchst unbefriedigend, auch, weil sehr viel Geld verwendet wird, um Symptome zu bekämpfen. Ich glaube nicht, dass in der EU-Kommission ein Bewusstsein für die Dringlichkeit der Situation da ist.
Günther Apfalter: Wir verlieren derzeit die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt. Amerika schaut zu, wie wir uns selbst die Krise heranziehen. Die Politik ist gefordert, auf europäischer Ebene zu handeln und die Krise in der Ukraine zu beenden.
Jahrelange Verfahren. Wenn es an der Umsetzung hakt
Magnus Brunner: Wenn ich am Freitagnachmittag für das Klima auf die Straße gehe, muss ich am Montag auch bereit sein, die dafür notwendige Infrastruktur zuzulassen.
Martin Graf: Da hat sich viel getan, heute diskutiert niemand mehr über das Murkraftwerk. Da gibt es eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Aber manchmal sperrt es sich von anderer Seite. Bei einem Windparkprojekt hatten wir jetzt eine Genehmigungszeit von neun Jahren. Wenn wir mit solchen Verfahrensdauern konfrontiert sind, können wir Projekte nicht vernünftig umsetzen.
Magnus Brunner: Um solche Verfahren zu verkürzen, wird jetzt auch das UVP-Gesetz (Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz) novelliert. Allerdings sind aus meiner Sicht noch nicht alle Punkte in der novellierten Fassung gut. Aber es ist richtig: Wir können es uns nicht mehr leisten, jahrzehntelang zu diskutieren wie damals über die 380-kV-Leitung
Tobias Pötzelsberger: Magna will bis 2025 CO2-neutral sein, Herr Apfalter. Wie wollen Sie das schaffen?
Günther Apfalter: Ich habe die Anweisung dafür gegeben und die wird befolgt.
Genug Gas im Tank? Wie es nun weitergeht
Martin Graf: Österreich steht auf der Gasseite sehr gut da, da wurde Vorsorge geleistet. Die Frage ist eher: Wie geht es nach diesem Winter weiter? Wie schaut es im Winter 2023/24 aus? Das ist eine große Herausforderung. Wichtig ist da auch, auf die Interkonnektoren, die Netzverbindungen ins benachbarte Ausland zu schauen.
Sabine Herlitschka: Es ist wirklich eine ganz große Aufgabe, weil sie systemisch ist. Sie ist aber auch schaffbar. Wir haben heute die besten Instrumente, die besten Mittel in der Hand. Und in der Bevölkerung ist auch viel Bereitschaft da, die Ärmel hochzukrempeln.
Entstanden in Kooperation mit Confida.