Interview: Julia Rinesch

Beginnen wir ganz von vorne: Wer seid ihr und woher kommt ihr?

Uri: Ich bin Uri Triest, komme ursprünglich aus Israel und lebe seit 13 Jahren in Berlin. Ich bin Koch und Vater von Nikita (6) und Moon (1 ½).

Sophia: Mein Name ist Sophia Giesecke und ich bin Fotografin, Rezeptentwicklerin und Content Creator aus Berlin.

Wie seid ihr auf die Idee zu eurem Buch gekommen?

Sophia: Eigentlich hat alles mit Kochvideos auf Social Media angefangen. Im April 2021 war uns beiden sehr langweilig, denn wir befanden uns gefühlt im 346843. Lockdown. Nichts ging mehr, vor allem hatten alle Restaurants geschlossen und da wir seit Jahren mit der Idee gespielt haben, gemeinsam ein kleines Projekt zu starten, schien der Moment perfekt.

Uri: Ein Kochbuch war schon immer ein Traum von uns – ich koche sehr kreativ und mache lieber mein eigenes Ding, als traditionelle Gerichte nachzukochen. Und genau so haben wir das Kochbuch geschrieben. Es lässt sich schwer in eine Kategorie pressen und soll hauptsächlich dazu dienen, die Leser zu inspirieren und über den – Achtung – Tellerrand zu blicken.

Was ist „Shemesh Kitchen“ eigentlich?

Uri: Shemesh bedeutet Sonne auf Hebräisch und „Shemesh Kitchen“ entstand aus dem Gedanken, dass Sonne die Hauptzutat in unseren Lieblingsküchen (mediterrane, nahöstliche und thailändische Küche) und verantwortlich für gutes Gemüse ist. Allerdings fehlt sie in Berlin oft – dafür sind wir da.

Sophia: „Shemesh Kitchen“ ist aus dem Traum entstanden, gemeinsam zu kochen und uns kreativ auszutoben. Wir wollen inspirieren und dazu anregen, wie wir neue Dinge in der Küche auszuprobieren.

Warum kocht ihr so gerne? Woher kommt eure Leidenschaft für gutes Essen?

Uri: Obwohl ich erst Filme gemacht habe, dann Musik und erst später mit professionellem Kochen angefangen habe, war das Experimentieren mit Essen immer meine Leidenschaft. Es kommt für mich alles vom selben Drang, etwas zu erschaffen. Essen ist insofern besonders, da es sofort konsumiert wird und dadurch immer neu erfunden werden kann. Und: Essen ist notwendig und muss daher nicht gut schmecken – aber genau deshalb ist es so viel schöner, es gut und köstlich zu machen.

Sophia: Ich bin da ganz bei Uri. Kochen ist für mich nur ein weiterer Bereich, in dem ich mich kreativ austoben kann. Es ist schön, etwas Leckeres zu erschaffen und damit sich und anderen eine Freude zu machen. Kochen hört nicht beim Kochen, also Erschaffen, auf, denn danach muss ja alles aufgegessen werden. Dieser fürsorgliche Aspekt – ob für sich selbst oder andere – ist für mich fast ebenso wichtig wie der kreative.

Was macht für euch ein gutes Rezept aus? Besonders im Hochsommer, wenn es quasi ständig zu heiß zum Kochen ist?

Uri: Für ein gutes Rezept sind unterschiedliche Dinge ausschlaggebend: Etwa wenn eine einfache, aber ungewöhnliche Kombination von zwei Zutaten so krass funkt, dass man kaum noch was machen muss. Oder wenn eine kleine Änderung an einem klassischen Gericht alles genialer und besser macht.

Sophia: Dem Thema haben wir im Buch ein ganzes Kapitel gewidmet. In unserem Komponentensystem erklären wir, worauf es bei der Kreation eines jeden Rezeptes ankommt und welche Elemente (Komponenten) ein gutes Rezept zu einem ausgezeichneten Rezept machen: Basis, Frische, Creme und Topping. Ein gutes Sommerrezept geht schnell, macht satt, aber nicht zu voll und hat einen ordentlichen Schwung Frische.

Makrelen-Rillette mit Chioggia-Bete und Rettich

© Sophia Giesecke

Makrelen-Rillette

  • 300 g geräucherte Makrelenfilets (ohne Haut und Gräten)
  • 100 g Crème fraîche
  • 25 g Dijon-Senf
  • 25 g grober Senf
  • 10 g Meerrettich, geschält, gerieben
  • 1 Bio-Zitrone, Saft und Abrieb
  • 20 g Mini-Kapern
  • 20 g Dill, fein gehackt
  • 20 g Schnittlauch, fein gehackt
  • Salz, Pfeffer

Die Makrelenfilets mit den Fingern in kleine Stücke zupfen. In einer Schüssel mit Crème fraîche, beiden Senfsorten, Meerrettich, Zitronensaft und -abrieb sowie den Kapern mischen, bis eine fast glatte Paste entsteht. Dill und Schnittlauch unterrühren und die Rillette mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Rillette kann bis zu zwei Tage im Voraus zubereitet und im Kühlschrank gelagert werden.

Gemüsesalat

  • 1–2 Ringelbeten (Tonda di Chioggia), geschält
  • 2–3 Rettiche (am besten bunte), geschält
  • ½ Kopf Radicchio di Castelfranco (ersatzweise Radicchio oder Chicorée)
  • 2 Bio-Orangen, Saft und Abrieb
  • 25 g Weißweinessig
  • 15 g Meerrettich, geschält, gerieben
  • 30 g Ahornsirup
  • 150 g Olivenöl

Chioggia-Bete und Rettich am besten mit einer Mandoline in feine Scheiben hobeln. Den Radicchio in einzelne Blätter teilen. Orangensaft und -abrieb, Essig, Meerrettich und Ahornsirup mit einem Schneebesen verrühren. Das Öl langsam zugießen und unterrühren. Bete und Rettich mindestens 10 Min. im Orangendressing marinieren. Den Radicchio erst kurz vor dem Servieren zugeben. Natürlich kann man die bunten Rettiche durch herkömmlichen Rettich ersetzen. Alternativ schmeckt auch Kohlrabi.

Servieren

Die Makrelen-Rillette auf vier kleinen flachen Tellern verstreichen und mit dem marinierten Gemüse bedecken. Mit etwas übrig gebliebenem Dressing beträufeln.

Geräucherte Möhren mit Grünkohl und Datteln

© Sophia Giesecke

Möhrencreme

  • 1 getrocknete Chilischote, zerbröselt
  • Je ¼ TL Kreuzkümmel-, Koriander- und Fenchelsamen
  • 2 EL Olivenöl
  • 3 Schalotten, geschält, in Streifen
  • 1 Stück Ingwer (2–3 cm), geschält, fein gehackt
  • 2 Stangen Zitronengras, fein geschnitten
  • 1 kg Möhren, geschält, grob geschnitten
  • Salz
  • 200 g Möhrensaft

Chili und Gewürze ca. 1 Min. in einem Topf anrösten. Öl zugeben und 1 Min. warm werden lassen. Schalotten, Ing-wer und Zitronengras ca. 5 Min. bei mittlerer Hitze anbraten, bis die Schalotten braun und teilweise knusprig sind.

Die Möhren mit etwas Salz zugeben, mit den Schalotten mischen und 3 Min. anbraten. Den Topf abdecken, die Hitze stark reduzieren und die Möhren ca. 20 Min. weitergaren. Dann den Möhrensaft zugießen und alles weitere

20 Min. offen köcheln lassen, bis die Möhren sehr weich sind und kaum noch Saft übrig geblieben ist. Den Topfin­halt im Mixer oder mit dem Pürierstab fein pürieren. Die Möhrencreme reicht für mehr als vier Portionen. Sie ist so lecker, dass es schade wäre, weniger davon zu machen.

Geräucherte Möhren

  • 10–12 kleine bis mittelgroße Möhren, ungeschält, geputzt
  • 2 Knoblauchzehen, zerdrückt
  • 2 Zweige Rosmarin
  • Je ¼ TL Kreuzkümmel-, Koriander- und Fenchelsamen
  • 200–300 g Möhrensaft
  • 2 EL Olivenöl
  • Salz

Den Ofen auf 200 ℃ vorheizen. Möhren, Knoblauch, Rosmarin, Gewürze, Möhrensaft, Öl und etwas Salz in eine Backform geben. Nur so viel Saft verwenden, dass die Möhren zu drei Vierteln bedeckt sind. Die Möhren 20–25 Min. im heißen Ofen rösten. Sie sollen anschließend gar und leicht gebräunt, aber nicht matschig sein. Die Möhren aus dem Saft nehmen und in einem Sieb abtropfen lassen. Den Saft abgießen und aufbewahren. Die Möhren 20 Min. kalt räuchern. Alternativ zum Kalträuchern können die gerösteten Möhren auch in einer Pfanne mit 100 g aufbewahrtem Saft und 1 EL Liquid Smoke hei hoher Hitze glasiert werden, bis der Saft komplett reduziert ist.

Pinienkern-Dressing

  • 150 g aufbewahrter Möhrensaft
  • 50 g Pinienkerne
  • 20 g Granatapfelsirup
  • 50 g Weißweinessig
  • 10 g Salz
  • Pfeffer
  • 100 g Rapsöl
  • 100 g Olivenöl

Möhrensaft, Pinienkerne, Granatapfelsirup, Weißweinessig, Salz und etwas Pfeffer in ein hohes Gefäß geben und mit dem Pürierstab fein mixen. Dann beide Öle in einem dünnen Strahl zugießen, währenddessen weitermixen.

Sautierte Datteln

  • 8–10 Datteln, entsteint, halbiert
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 Prise Salz
  • 1 EL Granatapfelsirup
  • 2 EL Weißweinessig

Datteln mit Öl und Salz in einen kleinen Topf geben. Bei niedriger Hitze ca. 3 Min. erwärmen, Sirup und Essig zugeben und vorsichtig unterrühren. Die Datteln nach 3 Min. vom Herd nehmen.

Servieren

  • 4 Handvoll Grünkohl
  • 1 Handvoll Pinienkerne, geröstet

Die Möhren mit etwas übrig gebliebenem Saft in eine Pfanne geben und darin ca. 3 Min. glasieren, bis der Saft reduziert ist. Je 2 EL warme Möhrencreme auf einen Teller geben und 2–3 Möhren darauflegen. Die Grünkohlblätter mit dem Dressing anmachen und neben den Möhren anrichten. Mit Dattelhälften und Pinienkernen garnieren.

Sophia Giesecke & Uri Triest , „Shemesh Kitchen“, DuMont Buchverlag, ca. 34 Euro, shemeshkitchen.com
Sophia Giesecke & Uri Triest , „Shemesh Kitchen“, DuMont Buchverlag, ca. 34 Euro, shemeshkitchen.com © Sophia Giesecke