Teppich? Kann doch nicht so schwer sein!

Ich gebe es offen zu: Ich bin gänzlich untalentiert, wenn es um die Wahl eines passenden Teppichs geht. Dabei habe ich schon fast alles probiert: kuschelig weiche, riesengroße, bunte und dezente, aus Naturmaterialien und Kunstfaser, handgeknüpfte und günstige Teppiche aus dem Baumarkt. Der absolut perfekte Teppich für den Platz vor der Couch war aber trotz aller Versuche noch nicht dabei. Und umso mehr Menschen ich mein „Leid“ klage, umso klarer wird: Ich bin nicht allein.

Das bestätigt mir auch Anna Wahdat vom Hamburger Label On The Rugs. Neben ihrem Showroom in der Speicherstadt bietet sie auch einen Onlineshop und jede Menge Service und Beratung, wenn es darum geht, den perfekten Teppich zu finden. Und trotzdem: „Die Erfahrungen haben uns gezeigt: Es ist entweder Liebe auf den ersten Blick oder ein Prozess, der auch einmal etwas länger dauern kann. Und da ist es hilfreich, vor allem geduldig mit sich selbst zu sein. Schließlich ist ein Teppich ja viel mehr als ein Teppich. Er kann ein Erinnerungsstück werden, gleich wie ein lieb gewonnenes Möbelstück. Und er kann uns über viele Jahre und Jahrzehnte begleiten.“

Auch Larissa Immonen vom finnischen Teppichlabel Finarte bestätigt, dass die Suche nach DEM Teppich wie eine Reise ist: „Es gibt dabei sehr viele Parameter zu beachten. Und genau das kann es eben so kompliziert machen. Welches Material soll es sein? Wie viel muss mein Teppich aushalten können? Welche Farben, welche Muster passen in meinen Raum? Und natürlich auch: Wie viel Budget habe ich zur Verfügung?“

Muss es überhaupt ein Teppich sein?

Was ich im Gespräch mit den Teppich-Experten lerne: Bevor ich über ein Design nachdenke, sollte ich mir über einige wichtige Punkte klar werden. Will ich einen Teppich, der möglichst nachhaltig gefertigt wurde? Ja! Will ich einen Teppich, der mich möglichst lange begleiten kann? Ja! Muss er besondere Belastungen wie durch Kinder oder Haustiere aushalten können? Ja! Und soll mein neuer Teppich im besten Fall etwas ganz Besonderes sein? Unbedingt! Hört sich das ein wenig an wie die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau? Da stellt sich doch unweigerlich die Frage, ob es denn unbedingt ein Teppich sein muss! Kann ich nicht auch ohne glücklich werden? Ganz sicher sogar. Und trotzdem gibt es viele Gründe, die dafür sprechen, die Suche nach dem perfekten Teppich nochmal aufzunehmen. Clay Wertheimer von Ruggable bringt mein wichtigstes Argument gut auf den Punkt. Er schätzt Teppiche nämlich vor allem als kreatives Gestaltungselement: „Der Fußboden kann genauso Leinwand sein wie die Wände. Ein Teppich kann unterschiedliche Stimmungen erzeugen oder wie eine Bühne für die Möbel rundum sein.“

Auf los geht‘s los

In der Theorie weiß ich jetzt, wie mein Traumteppich aussehen soll. Doch wie sieht es mit der Umsetzung aus? Wenn es nach Anna von On The Rugs geht, braucht es vor allem eine gute Beratung: „Wenn sich Kunden an uns wenden, dann klopfe ich erstmal die Rahmenbedingungen ab. Wo soll der Teppich hin? Liegt er frei im Raum oder unter dem Sofa? Und welche Haptik soll es sein, also kuschelig oder eher flach? Ist das geklärt, gehen wir ins Detail und besprechen Farbe und Design. Ideal ist es natürlich, wenn Kunden zu uns in den Showroom kommen, um die Teppiche dort in verschiedenen Lichtverhältnissen zu sehen. Aber natürlich funktioniert eine gute Beratung auch online, beispielsweise über Video-Telefonie, damit wir uns einen Eindruck vom Raum machen können. Rund 50 Prozent unserer Kunden kaufen ihre Teppiche über das Internet.“ Annas Herz schlägt für besondere Orientteppich-Unikate, die sie und ihr Team von vertrauensvollen, langjährigen Produzenten beziehen.

© On the Rugs

Daher bekommt man bei ihr nicht nur einen fair und verantwortungsvoll von Hand gefertigten Teppich aus hochwertigen Materialien, sondern in den meisten Fällen auch eine Geschichte dazu. Wer ein Stück sucht, das für lange Zeit bleiben darf, wird hier bestimmt fündig. Außerdem ist das Thema Nachhaltigkeit für Anna und ihr Team besonders relevant. Bei ihrem Label erhält man auch alte, sehr charmante „Schätzchen“, die liebevoll restauriert werden und dann die Chance auf einen weiteren Lebenszyklus bekommen. Besser geht es kaum.

Darf es schön und praktisch sein?

Ein recht neues Teppich-Konzept hingegen kommt von Ruggable. Das Online-Label bietet eine Alternative zum Klassiker, denn: Seine Teppiche bestehen aus zwei Teilen, einer rutschfesten Untermatte und dem eigentlichen Teppich, der unkompliziert darauf befestigt wird. Clay Wertheimer: „Jeneva Bell, die Gründerin von Ruggable, ist auf die Idee mit den waschbaren Teppichen gekommen, nachdem ihr Hund ihren neuen, teuren Teppich ruiniert hat. Und ihr damals erfundenes Konzept ist voll aufgegangen: Unsere Produkte können in jeder Waschmaschine gewaschen werden. Das spart Zeit und Geld, weil es keine professionelle Reinigung braucht. Und der Teppich ist danach wie neu!“ Auch hier müsste ich nicht auf gutes Design verzichten, die Auswahl ist riesig und bietet garantiert für jeden Geschmack das Passende. „Wir haben Kooperationen mit bekannten Künstlern wie Keith Haring, Jean-Michel Basquiat oder dem Londoner Kunstmuseum The National Gallery. Oder aber man entscheidet sich für ein uniques Design von Iris Apfel oder Jonathan Adler. Eines haben jedenfalls alle Teppiche gemeinsam: Sie verwandeln ein Zuhause in einen ganz besonderen, individuellen Ort.“ Bei Ruggable gibt es keinen Showroom, sondern ausschließlich die Möglichkeit, online zu bestellen. Was es dabei zu beachten gibt? „Wir bieten online einen Guide, der viele Informationen zur Wahl der richtigen Größe, des passenden Raumes oder Inspiration bereithält. Wichtig ist auch, dass der Shop einen guten Service und die Möglichkeit bietet, den Teppich zurückzusenden. Bei uns hat man komfortable 30 Tage lang Zeit dafür.“

Design aus dem hohen Norden

Eine meiner „Entdeckungen“ bei der Suche nach dem perfekten Teppich ist das finnische Teppichlabel Finarte. Das Familienunternehmen hat bereits eine über 30-jährige Geschichte und fühlt sich in der Produktion seiner Teppiche sehr mit seiner Herkunft verbunden. So betrachtet Larissa Immonen Teppiche auch gerne „als Teil meiner Abstammung und meines kulturellen Erbes. Die Tradition der Flickenteppiche in den nordischen Ländern beispielsweise entstand aus der Not heraus. Alte Kleidung und Leinen wurden zu Teppichen gewebt, die die Böden und die Wände warm hielten. Heute sind Flickenteppiche ein perfektes Beispiel für eine ökologische Wohnkultur, da sie aus recycelten Materialien der Textilindustrie gewebt werden.“

© Ruggable

Rund 60 Prozent aller Materialien, die für neue Finarte-Teppiche benötigt werden, sind recycelt. Der Rest stammt aus natürlichen und nachhaltigen Quellen. Die Auswahl bei den vielen farbenfrohen wie auch dezenten Designs fällt schwer, aber hier hat Larissa einen Tipp für mich: „Man sollte sich ganz auf seine Intuition verlassen und eher dem eigenen Geschmack als den neuesten Trends folgen. Was auch hilfreich sein kann, ist, auf Social Media nach Fotos des Favoriten zu suchen. Oft vermitteln Bilder aus echten Wohnungen einen noch besseren Eindruck und machen die Entscheidung leichter.“

Teppich gut, alles gut?

Ganz entschieden habe ich mich noch nicht, aber zumindest weiß ich jetzt, was ich wirklich wilI: Ein Teppich soll es sein, der für mich mehr sein kann als nur ein Teppich. Der mir für viele Jahre ein treuer Begleiter ist, auf dem gelacht, gespielt, gekuschelt und geträumt wird. Denn seien wir uns ehrlich: Das große Glück bringt nicht nur der Teppich selbst, sondern all die schönen und wertvollen Erinnerungen.

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