Christof Wöss ist bei Pappas Salzburg der Mann für Oldtimer. Ventilspiel einstellen? Erfordert keinen Computer, nur viel Gefühl und ein geschultes Gehör
Christof Wöss ist bei Pappas Salzburg der Mann für Oldtimer. Ventilspiel einstellen? Erfordert keinen Computer, nur viel Gefühl und ein geschultes Gehör © Oliver Wolf
© Oliver Wolf

Der Lack: glänzt. Die Technik: noch keinen Kilometer gelaufen. Die Achsen, der Rahmen, sogar die Auspuffhalterungen – alles glitzert mit den gelb verzinkten Schrauben um die Wette. Bei diesem blauen SL ist wirklich alles neu, oder? „Im Gegenteil. Wir versuchen, so viel wie möglich zu erhalten.“ Darauf legt Mechaniker Christof Wöss besonderen Wert. „Wir verwenden sogar von den Schrauben so viele wie möglich weiter, arbeiten sie aber komplett auf. Damit jedes Detail passt.“

Diese pedante Vorgehensweise kann es eigentlich nur bei den Schwaben von Mercedes-Benz geben. Und sie ist das Beste, was Oldtimern passieren kann – im automobilen
Feinkostladen bei Pappas Classic, der sich ausschließlich
klassischen Mercedes widmet. „Vorkriegsmodelle, Adenauers, Cabrios, wir hatten schon alles hier“, erzählt
Geschäftsführer Günter Graf über die Palette gut 100 revidierter Klassiker. „Ein Scheich ließ sogar gleich zwei Pullman herrichten.“ Vergleichbare Abteilungen gibt es zwar an mehreren Stützpunkten, aber nur Salzburg verfügt über eine eigene Oldie-Garage: „Wir haben sie Stück für Stück adaptiert und mit alten Plakaten und Reparaturhandbüchern dem Thema angepasst“, erzählt Kundendienstberater Elmar Adelsberger von den Anfängen. „Das ist unser großer Vorteil: Wir haben einfach nie etwas weggeschmissen.“ Alte Literatur, vor allem aber damalige Werkzeuge dienen jedoch nicht nur der Zierde. Sie sind das Um und Auf für eine fachgerechte Restauration. Alles fängt an mit einer unscheinbaren Tabelle: „Mercedes hat von jedem produzierten Auto die Datenkarte aufgehoben. Außenfarbe, Innenausstattung, sogar der Batteriehersteller
wurde notiert.“
Nächster Schritt: die Teilzerlegung für eine Zustandsbestimmung. „Da haben wir schon böse Überraschungen erlebt. Oft kamen schlecht reparierte Unfallschäden zum Vorschein oder nur scheinbar gelungene Restaurierungsversuche“, so Adelsberger. Wobei man sich mit der Zeit einen soliden Stamm an Erfahrungswerten aufgebaut hat. „Bei der Technik können wir schon ziemlich genau sagen, was es kosten und wie lange es dauern wird.“ So wie der Motor des weißen SL: Eine komplette Revision dauert einen Monat. Und der blaue SL? Das war schon ein wenig aufwendiger. Nach der Komplettzerlegung musste die Rohkarosse zum Entlacken zu einem Spezialbetrieb. Eine der wenigen Arbeiten, die außer Haus gegeben werden müssen. Dass Adelsberger privat alte Vespas restauriert, ist kein Nachteil. „Know-how ist die eine Sache. Aber die Liebe zum Thema musst du schon in dir haben.“ So wie Christof Wöss, der privat einen 25 Jahre alten 300 TD fährt und mittlerweile ausschließlich an den Klassikern schraubt. Ein Traumjob, aber nicht immer einfach: „Für die Technik gibt es noch fast alles. Schwieriger wird es schon bei Zier- und Innenraumteilen. Aber wenn man lange genug sucht, kriegt man alles.“ Und wenn nicht? „Dann greifen wir zur Feile oder lassen die Teile nachfertigen.“

Wöss überprüft gerade eine Kurbelwelle, als ein Lehrling frisch aufpolierte Stoßstangen hereinbringt. Lukas Schmid hat sich extra ein paar Monate freistellen lassen, so sehr begeistert ihn das Thema. „Hier kann ich erste Erfahrung sammeln, so etwas lernt man heutzutage ja sonst nirgendwo mehr.“ Und Hilfe ist gerne gesehen. Denn nach dem Entlacken und Schweißen, dem Spengeln, Lackieren sowie dem Überholen der Technik – nicht zu vergessen das Verzinken Tausender Schrauben – muss alles wieder zusammengesetzt werden. „Dazu machen wir pro Auto mehr als 100 Fotos“, erzählt Christof Wöss. „Hier geht es oft um banale Dinge. Wo und wie genau ein Stopfen etwa in der Karosserie montiert werden muss, da sind die Bilder eine große Hilfe.“
Bis ein so großes Projekt dem Kunden übergeben werden kann, vergeht im Schnitt ein gutes Jahr. Eine Zeit, in der nicht nur den Pappas-Leuten ein Auto ganz schön ans Herz
wachsen kann, so Wöss: „Sogar Spaziergänger kommen regelmäßig vorbei. Weil sie einfach wissen wollen, wie weit wir mit den Arbeiten schon sind.“