Dieser Film ist Fiktion", betont Facebook-Gründer Mark Zuckerberg immer wieder, wenn die Sprache auf "The Social Network" kommt. Kein Wunder, immerhin porträtieren Kultregisseur David Fincher ("Fight Club", "Sieben") und Drehbuchautor Aaron Sorkin Zuckerberg in dem Film als ein rücksichtsloses, arrogantes, wenn auch geniales Computergenie. In Anlehnung an "The Accidental Billionaires", einer überzogenen Darstellung der Facebook-Gründung aus dem Jahr 2003, so der Autor Ben Mezrich selbst, verfilmte Fincher die umstrittene Geschichte rund um die mittlerweile mehr als 500 Mio. Nutzer umfassende Social-Media-Plattform und ihren Gründer. Am Freitag (8.) kommt der Streifen nach seiner Premiere beim New York Film Festival auch in die österreichischen Kinos - und bietet neben zweistündiger, grandioser Unterhaltung jede Menge Gesprächsstoff.

"Eines Tages bist du ein berühmtes Computergenie und wirst denken, Menschen mögen dich nicht, weil du ein Streber bist. Aber eigentlich mögen sie dich nicht, weil du ein Arschloch bist". Als Erica Albright (Rooney Mara) mit dem Harvard-Studenten Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) Schluss macht, flüchtet dieser in seinen einzigen Zufluchtsort: ins Internet. Weil er noch immer nicht Mitglied der exklusiven Studentenvereinigung ist, die wilde Partys feiert während er vor dem Computer sitzt, kreiert er eine Internetplattform, die selbst als exklusiver Club fungiert. Schon bald wird die Webseite, auf der sich ausschließlich Harvard-Studenten registrieren und austauschen können, zum Uni-Hit, erreicht 650 Mitglieder am ersten Tag, expandiert nach und nach an andere Universitäten und wird zum erfolgreichen Geschäftsmodell "Facebook".

Blöd nur, dass die Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss (großartig: Armie Hammer in einer Doppelrolle) und ihr Studienkollege Divya Narendra (Max Minghella) mit genau solch einer Idee zuvor an Mark herangetreten waren. "Wenn ihr die Erfinder von Facebook wäret, hättet ihr Facebook erfunden", haut Mark den Söhnen aus reichem Hause um die Ohren. Nicht im Internet, wie er es sonst gewohnt ist, sondern inmitten einer Gerichtsanhörung. Die Zwillinge verklagen Mark nämlich, genauso wie sein bester Freund und Geschäftspartner Eduardo Saverin (der neue "Spider-Man" Andrew Garfield). Der fühlt sich von Mark übergangen, nachdem dieser seinem Größenwahn gefolgt und, so Eduardo, seine Freunde vergessen hatte. Da kommt Sean Parker (ein herrlich arroganter Justin Timberlake), Mitgründer der Musikplattform "Napster", ins Spiel, der von der schnell expandierenden Facebook-Seite erfährt und Zuckerberg in das glamouröse Leben junger Internetunternehmer einführt.

Und alles gipfelt in einer Visitenkarte, pünktlich zum einmillionsten "Facebook"-Nutzer: "I'm CEO ... bitch" lässt Mark auf seine Visitenkarte drucken. Ja, er ist nun sein eigener Boss, und reich ist er auch. Aber leider ohne Freunde. "The Social Network" erzählt sechs Jahre, knapp 500 Millionen Nutzer weltweit und 4 Milliarden Dollar Vermögen (Zuckerberg ist der jüngste Milliardär der Welt) später von den Anfängen eines der größten Internet-Phänomene der Welt und von der Skrupellosigkeit und Einsamkeit, die mit Erfolg einhergeht. Dem Drama- und Unterhaltungseffekt zuliebe wird viel überzogen, dazugedichtet und ausgeschmückt. Betrachtet man den kurzweiligen, durch und durch unterhaltsamen Zweistünder, ist das auch nicht schlecht so. Im Rahmen der Anhörungen, in denen sich Zuckerberg vor den Feinden, die er sich gemacht hat, rechtfertigen muss, erleben wir ein arrogantes Genie, das wortgewandt Konter gibt. Durch Rückblenden erfahren wir, wie Zuckerberg vom Streber und Außenseiter zum eiskalten Geschäftsmann wird, der schon mal Freunde übergeht und Persönlichkeitsrechte beiseiteschiebt.

Persönlichkeitsrechte sind das Stichwort: Dass Facebook nämlich kein einwandfrei organisierter Freundeskreis ist, sondern von Datenschützern regelmäßig kritisiert wird, wird im Film nicht behandelt. Kritisiert wird das Wesen und der Charakter Zuckerbergs, die emotionale Komponente hinsichtlich seiner zerbrechenden Freundschaften, nicht die sich ständig ändernden Privatsphäre-Einstellungen der größten Social-Media-Plattform der Welt. Die Sympathie liegt bei Eduardo Saverin, der sich von seinem besten Freund verlassen fühlt. Die weiteren zwei Facebook-Mitbegründer, Dustin Moskovitz und Chris Hughes, werden in "The Social Network" ebenso ausgeblendet wie Zuckerbergs College-Liebe, mit der er heute zusammenlebt. Was immer also Zuckerberg zum angeblichen "Arschloch" gemacht hat, Frauenprobleme waren es nicht. Eben daher ist der Film als das zu genießen, was er ist: ein Film.