"Schau, wie sie den Wald zerstören", sagt Gilbert Ongene empört und deutet um sich. Der Pygmäe des Baka-Volkes steht in seinem Dorf Mayos, das tief im Regenwald im Südosten Kameruns liegt. Um ihn herum liegen gerodete Waldflächen. Der Lärm von Kettensägen schallt durch das Gehölz.

"Vor 40 Jahren war hier alles noch dicht bewachsen. Ich brauchte nur einen Kilometer zu gehen, um eine Mahlzeit für meine Familie zu fangen", erzählt der 70-jährige Ongene. Heute könne er nicht mal auf zehn Kilometern einen Affen finden. "Alle Tiere sind geflohen", sagt er kopfschüttelnd. Er mache sich große Sorgen um die Zukunft seiner sechs Kinder, denn die Baka ernähren sich hauptsächlich von Waldfrüchten und -tieren, einschließlich Wild, Schlangen, Vögeln und Nagetieren.

Systematische Umsiedelung

Auch eine andere Bedrohung macht Ongene Sorgen. Die Regierung will die Einwohner von Mayos umsiedeln, um Raum für Abholzung und Bergbau zu schaffen. Fast 80 Prozent von Kameruns 22,5 Millionen Hektar großem Regenwald sind nach Angaben des Ministeriums für Forstwirtschaft als "produktive Waldflächen" eingestuft worden. Seit dem Jahr 2000 siedelt die Regierung systematisch Pygmäen-Dörfer um, oft gegen den Willen der Einwohner.

Das zentralafrikanische Kamerun ist trotz reicher Vorkommen an Bauxit, Eisenerz und Kobalt laut einem UN-Index eines der 40 ärmsten und unterentwickeltsten Länder der Welt. Die Regierung will das Wirtschaftswachstum ankurbeln, indem sie Rohstoffreserven innerhalb des Regenwaldes erschließt. Doch die dafür notwendige Rodung zerstört die Lebensbasis der Pygmäen, warnt Dieudonne Omgbwa, ein Forscher des Zentrums für Internationale Forstwirtschaftliche Forschung (CIFOR) in der Hauptstadt Jaunde.

Vom Aussterben bedroht

Die Baka, deren Bevölkerung CIFOR auf gut 900.000 Menschen schätzt, seien aufgrund massiver Abholzung vom Aussterben bedroht.

Umgesiedelte Baka-Familien bekommen von der Regierung Häuser und kleine Landflächen zugeteilt, auf denen sie als Kleinbauern überleben sollen. "Das Umsiedlungsprogramm soll den Baka-Pygmäen ein modernes und würdevolles Leben ermöglichen", erklärt der Direktor der Waldabteilung des Forstwirtschaftsministeriums, Bruno Mfou'ou. Doch die Baka sind seit Jahrhunderten ein Volk der Jäger und Sammler. Feldarbeit und Gemüseanbau sind ihnen fremd.

Internationale Kritik

So steht das Programm in heftiger Kritik von Seiten internationaler Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen. "Das Programm soll die Rechte und Würde der Pygmäen schützen, aber es untergräbt sie", sagt Omgbwa, denn die Baka würden von der Regierung nicht konsultiert.

Zahlreiche Gemeinden seien in vergangenen Jahren vertrieben worden, klagt auch die Menschenrechtsorganisation Survival International. Einst wirtschaftlich unabhängige Baka-Familien hätten durch die gezwungene Umsiedlung ihre Selbstständigkeit verloren. Viele lebten nun in tiefer Armut und mit schlechtem Gesundheitszustand, so Survival International.

Für Baka-Pygmäen repräsentiert der Wald den Anfang und das Ende des Lebens. "Der Wald ist unsere Apotheke, unser Supermarkt, unsere Sauerstoffversorgung und die Geburtsstätte unseres Gottes", erklärt der Dorfvorsteher von Mayos, Clement Nzito.

Auch der 68-jährige sorgt sich um die Zukunft seiner Familie und Gemeinde. "Die Kettensägen, die die Bäume fällen... die Bulldozer, die Straßen bauen, um an Abbaustätten zu gelangen... Es ist als ob uns eine Pistole auf die Stirn gerichtet ist", sagt Nzito. "Das Verschwinden des Waldes bedeutet unseren Tod."

VON NGALA CHIMTOM und KRISTIN PALITZA/dpa