In Breslau stolpert man förmlich über die Sehenswürdigkeiten. Sie sind rund 30 Zentimeter klein. Und es gibt rund 300 von ihnen. 1980 bezog mit Papa Zwerg die erste Bronzefigur ihren Demonstrationsposten in der schlesischen Hauptstadt, aufgestellt als Protest gegen das kommunistische Regime in Polen.

Heute schießen die lustigen Männchen nur so aus dem Boden, den man deshalb bei einem Spaziergang durch die Gassen der Altstadt mit den Augen abtastet – denn jeder der Zwerge ist ein Unikat. Vollgemampft liegt etwa einer der Winzlinge in einem Teller vor einem Restaurant.

Ermattet von der rustikalen schlesischen Küche: einer der Breslauer Zwerge
Ermattet von der rustikalen schlesischen Küche: einer der Breslauer Zwerge © KARIN RIESS

„Warum fährt man nach Schlesien?“, fragt Fremdenführer Wlodek und blickt erwartungsvoll in die Runde. „Natürlich zum Essen!“ Zum Beispiel Zurek, eine saure Suppe mit Ei und Weißwurst, kredenzt in einem Brotlaib.

Was übrigens wesentlich köstlicher schmeckt, als es klingt.
Obwohl Breslau unter böhmischer, ungarischer, österreichischer, preußischer, nationalsozialistischer und kommunistischer Herrschaft stand, ist es den vielen Köchen nicht gelungen, den Brei zu verderben.

Die Dominsel ist der älteste Teil der Stadt
Die Dominsel ist der älteste Teil der Stadt © (c) Oleksiy Drachenko - Fotolia

Erbaut zwischen Kanälen liegt die Stadt auf zwölf Inseln, verbunden durch 300 Brücken und Stege. Die Dominsel als ältester Teil, der Vier-Tempel-Stadtbezirk, in dem die Gotteshäuser ebenso vieler Konfessionen einträchtig nebeneinanderliegen, der Marktplatz Rynek mit seinen schicken Cafés und lässigen Kneipen – allesamt sehenswerte Ensembles.

Mit 140.000 Studenten ist die Schöne an der Oder aber kein bewohntes Museum, sondern äußerst lebendig. Vor allem 2016, wenn Breslau gemeinsam mit San Sebastian in Spanien Kulturhauptstadt Europas ist. In acht Jahren Vorbereitung haben die Organisatoren rund 400 Projekte und 1000 Veranstaltungen auf die Beine gestellt.

Das Schlesische Theater ist eine Hauptattraktion in Kattowitz
Das Schlesische Theater ist eine Hauptattraktion in Kattowitz © (c) velishchuk - Fotolia

Ein anderes Kaliber ist das rund zwei Stunden entfernte Kattowitz. Gegen die elegante alte Dame Breslau ist die Industriestadt ein Jungspund, dessen Schokoladenseiten wie das Schlesische Theater oder die Christkönigskathedrale im 19. und 20. Jahrhundert errichtet wurden.

Aber Kattowitz mausert sich: Das Sportstadion Spodek ist das neue Wahrzeichen, das Musikzentrum mit 1800 Sitzplätzen soll zu den besten Konzertsälen der Welt zählen. In den alten Arbeitersiedlungen haben sich Künstler eingerichtet, Würze verleihen dem Stadtbild einige der ersten Wolkenkratzer Europas.

n der Zeche Guido in Zabrze (Hindenburg) kann man 320 m unter Tage das historistische Steinkohlebergwerk besichtigen
n der Zeche Guido in Zabrze (Hindenburg) kann man 320 m unter Tage das historistische Steinkohlebergwerk besichtigen © KK

Wenn man in der Zeche Guido in einem Metallkäfig einen Liftschacht von der Höhe des Eiffelturms nach unten düst, kann das eine Weile dauern. In absoluter Dunkelheit sogar eine halbe Ewigkeit. Kohle und Stahl rinnen durch Schlesiens Adern, bis 1928 wurde hier schwarzes Gold abgebaut.

Da die Polen aber zu feiern verstehen, sind zwei Sohlen heute für Schaubergwerk, Theater und das tiefstgelegene Pub Europas reserviert. Und weil man laut Wlodek ja zum Essen nach Schlesien kommt, wird es auch schon serviert. Fleischrouladen mit Kraut und Knödeln – 320 Meter unter der Erde.